Architektur
Ein Haus für Kunst und Musik zwischen Dom und Rhein
Als 1976 der Schenkungsvertrag zwischen dem Ehepaar Ludwig und der Stadt Köln unterzeichnet wurde, war das Wallraf-Richartz-Museum längst zu klein, um all die ihm zugesprochenen Kunstwerke in einer angemessenen Weise zeigen zu können. Rat und Verwaltung der Stadt beschlossen daher, für die Bestände der Kunst des 20. Jahrhunderts beider Häuser einen gemeinsamen Neubau errichten zu lassen, das Museum Ludwig.
Als Standort für das neue „Doppelmuseum“ wurde ein Areal zwischen dem Ostchor des Doms und dem Rhein gewählt. Im Norden begrenzen Eisenbahnlinien das Gelände, im Westen schließen sich das in den 1960er Jahren errichtete Römisch-Germanische Museum und der Dom an. Über die Verbindung zum Rhein, lange durch eine verkehrsreiche Bundesstraße und eine Eisenbahnlinie gekappt, konnte neu nachgedacht werden, da der Bahnverkehr an dieser Stelle 1978 aufgegeben werden sollte. Auch der Autoverkehr sollte in dem schließlich 1982 fertiggestellten Rheinufertunnel verschwinden. Die Altstadt konnte sich wieder zum Rhein öffnen.
260.000 Kubikmeter Raum wurden vom Architekturbüro Busmann + Haberer neu umbaut – das entspricht dem Volumen des Kölner Doms. Dass man diese große Masse nicht als erdrückend und gewaltig wahrnimmt, liegt zum einen an der fein aufgefächerten und elegant gegliederten Baukörperstruktur, die sich bereits in den zinkverkleideten Sheddächern abzeichnet. Sie tragen wesentlich zur unverwechselbaren Erscheinung des Gebäudes im Stadtbild bei. Die Fassaden sind mit Ziegeln bekleidet. Eine schlichte Ornamentstruktur aus vertikalen Reihen belebt die Flächen. Zum anderen haben die Architekten Teile des Komplexes, die kein Tageslicht benötigen, unter die Erde gelegt: Neben den Technikräumen und den Parkplätzen gehört dazu auch der Konzertsaal der Philharmonie.
Der seinerzeit für zwei Museen errichtete Bau ist heute nur noch die Heimat des Museum Ludwig. Dessen Bestand war nicht zuletzt dank des anhaltenden Mäzenatentums der Ludwigs sukzessive erweitert worden. 1994 übereignete das Ehepaar schließlich auch seine bedeutende Picasso-Sammlung dem Museum. Die Liaison mit dem Wallraf-Richartz-Museum wurde wieder gelöst, 2001 erhielt die in Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud umbenannte Institution zwischen Rathaus und Gürzenich einen eigenen Neubau von Oswald Mathias Ungers.
Seit ihrer Wiedereröffnung im November 2001 sind die Museumsräume im Haus am Dom ganz der internationalen Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts gewidmet; die Präsentation des umfangreichen Bestands wird regelmäßig durch große und kleinere Ausstellungen zeitgenössischer Kunst ergänzt. 2003 und 2004 wurden einige wenige Umbauten vorgenommen, die vom Architekturbüro Busmann + Haberer geplant wurden. Bis dahin waren die Räume der beiden Museen geschossweise voneinander getrennt, eine Treppe in der Ostspitze des Museums verband sie zu einem Rundgang. Der Bereich der Wechselausstellungen war davon vollständig abgetrennt. Durch den Einbau zweier zusätzlicher Treppen wurde der Rundgang erheblich erleichtert, auch die Räume für Wechselausstellungen sind nun darin eingebunden.
Die dem Museum vorgelagerte Eingangshalle wurde als Passage mit zahlreichen Informa-tionsmöglichkeiten über aktuelle Ausstellungen und Aktivitäten von den Einbauten befreit und übersichtlicher gestaltet. Seit April 2022 ist hier auch der neue Kassentresen untergebracht. Hinter der Eingangshalle schließt sich nach wie vor das Forum an; so hatten die Architekten den Raum genannt, der von der großen, eindrucksvollen Treppenanlage zwischen den Geschossen geprägt wird. Dieser Bereich ist für Besucher*innen frei zugänglich und erlaubt es allen einen Eindruck von dem Haus und der Kunst, die darin gezeigt wird, schon vor dem Ticketkauf zu bekommen. Von dieser Treppenhalle aus sind auf drei Geschossen die in der Längsrichtung des Museums angelegten Ausstellungsräume zugänglich. Vom Eingang kommend links geht es ein paar Stufen hinab zu den Wechselausstellungen, in den Obergeschossen sind hauptsächlich Werke aus der Sammlung des Museums zu sehen, doch auch hier werden einzelne Räume für Wechselausstellungen unterschiedlichen Umfangs genutzt. Von einer durchgehenden Achse, der „Museums- oder Ausstellungsstraße“, zweigen Kabinette ab: im ersten Obergeschoss nach einer Seite, im zweiten nach beiden Seiten. Größere Räume wechseln mit kleineren ab, am Ende der Museumsstraße bietet ein zweigeschossiger Raum Platz für größere Installationen. Hier, am östlichen Ende, verbinden Treppen die drei Geschosse erneut miteinander, so dass Rundgänge durch alle Räume möglich sind. Weitere Ausstellungsräume finden sich im ersten Obergeschoss in Richtung Dom, heute sind hier meist Werke des Expressionismus zu sehen. Eindrucksvoll bereichert wird der Rundgang durch Öffnungen, die den Blick immer wieder nach außen, zum Rhein, auf den Dom, auf den Heinrich-Böll-Platz oder zur Hohenzollernbrücke leiten.
Das abwechslungsreiche Raumkonzept lässt den Besuchern alle Freiheiten. Sie können selbst entscheiden, ob sie alles sehen oder sich nur in einem bestimmten Bereich in die gezeigten Werke vertiefen wollen. Weitere Ausstellungsräume befinden sich im Untergeschoss, sie grenzen direkt an das Foyer der Philharmonie und können zu ihm hin geöffnet werden. Damit umfassen die Ausstellungsbereiche annähernd 9.000 Quadratmeter.
Zum umfangreichen Kulturangebot des Museums gehört die viel beachtete Kunst- und Museumsbibliothek, die im Westteil des Gebäudes im ersten Obergeschoss liegt, jenseits der Eingangspassage. Sie hat ihren eigenen Eingang, ebenso wie der direkt daneben liegende Kinosaal, der seit 2005 vom Filmforum NRW genutzt und belebt wird. Die darüber liegende Dachterrasse direkt gegenüber dem Dom ist im Sommer Ort für zahlreiche Veranstaltungsreihen.