Kiss, kiss In memoriam Lady Renate Gruber
Kiss, kiss
In memoriam Lady Renate Gruber
3. Dezember 2022 – 12. März 2023
Am 30. Oktober 2022 ist die Fotosammlerin Renate Gruber gestorben. Mit einer Präsentation im Fotoraum sagt ihr das Museum Ludwig nun Adieu. Zu sehen sind Werke aus der Sammlung und dem Archiv Gruber zusammen mit Ansichten aus ihrem Haus, das für viele eine besondere Art von Institution in Köln war.
[Die ursprünglich für diesen Zeitraum geplante Präsentation Walde Huth. Material und Mode ist zeigt das Museum Ludwig vom 23. September 2023 – 28. Januar 2024.]
Bereits 1977 wurde durch den Ankauf von 934 Werken aus der Sammlung von L. Fritz und Renate Gruber der Grundstock für die Sammlung Fotografie am Museum Ludwig gelegt. Von Eugène Atget bis Edward Weston spannt sich der mittlerweile klassische Kanon der Fotogeschichte des 20. Jahrhunderts darin auf. Im Laufe der Jahrzehnte kamen hunderte weitere Werke und umfangreiche Archivmaterialien hinzu. Ein Blick auf die Sammlung Gruber lässt dabei schnell erkennen: Ihr Schwerpunkt liegt auf dem Menschenbildnis. Kein Wunder, denn das Ehepaar pflegte ein besonders gastfreundliches Haus und viele langjährige Freundschaften zu Fotograf*innen diesseits und jenseits des Atlantiks. Bekannt waren auch ihre Feiern zum Geburtstag der Fotografie. Jedes Jahr am 19. August trafen sich in ihrem Salon die Fotophilen. Der Titel Kiss, kiss spielt an auf jene Gastlichkeit und das elegante Führen ihres Salons.
Im Jahr 2000 fotografierte Candida Höfer die menschenleeren Räumlichkeiten des Hauses Gruber in Köln-Braunsfeld. 1957 hatte L. Fritz Gruber es erworben, 1959 war Renate Gruber eingezogen. Zu sehen sind eine Fülle von Bildern und Büchern, Möbeln, Vasen, ein Flügel, ein Bett, Kleidung, ein knallgrüner Teppich, ein stets über der Couch hängender Mistelzweig, farbige Wände. Einige der Bilder an den Wänden des Haus Gruber finden sich inzwischen im Museum Ludwig, so ein Gemälde, eine Grafik und eine Fotografie von Man Ray, auf denen sich zwei Lippenpaare berühren. Den amerikanischen Künstler mit Wohnort in Paris und dessen Frau Julie hatte Renate Gruber 1958 bei der ersten gemeinsamen Paris-Reise mit ihrem zukünftigen Mann kennengelernt. Die beiden Paare verband fortan eine lebenslange Freundschaft, dokumentiert im Man Ray-L. Fritz Gruber-Archiv am Museum Ludwig.
Das Leben des Paars, ihre Reisen und die Tätigkeit von L. Fritz Gruber als Sammler und Ausstellungskurator der photokina Bilderschauen – Ausstellungen auf der international beachteten Kölner Messe für Fotografie - sind untrennbar miteinander verbunden. Es war Renate Grubers Vielsprachigkeit, ihr elegantes Auftreten und ihre humorvolle, zugewandte Konversationskunst, die wesentlich zur Pflege ihres Zirkels beitrugen. Und auch nach L. Fritz Grubers Tod 2005 blieb Renate Gruber der Fotografie unvermindert verbunden. Nun ist auch sie gestorben. Den letzten Vertrag mit dem Museum Ludwig unterzeichnete sie 2021 selbstbewusst, aber augenzwinkernd mit „Lady Renate Gruber“. Das von ihr und Bettina Gruber erworbene Archiv an Fotograf*innen-Korrespondenz wird zurzeit aufgearbeitet. Es schreibt sich darin gelebte Fotogeschichte fort.
Kuratorin: Miriam Szwast