Der geteilte Picasso. Der Künstler und sein Bild in der BRD und der DDR

25. September 2021 – 30. Januar 2022

Was verbinden wir mit Pablo Picasso? Und was haben die Deutschen der Nachkriegszeit mit ihm verbunden, als sein Ruhm auf dem Höhepunkt war? Weitaus mehr als wir: Das war der Hauptgedanke dieser Ausstellung, die an eine vergessene Breite, Spannung und Produktivität der Aneignung erinnert. Nicht nur um den Künstler ging es hier, sondern um sein Publikum, das sich im kapitalistischen Westen und im sozialistischen Osten Picassos Kunst denkbar verschieden zurechtlegte. Der deutsche Picasso war ein geteilter und zerteilter, aber die Teilung beflügelte auch die Mitteilung: Weil jeder diese Kunst befragte, hatte sie allen etwas zu sagen.

Die Ausstellung zeigte politische Werke, etwa das Gemälde Massaker in Korea (1951) aus dem Pariser Musée Picasso. Neben sie traten rund 150 Exponate, die Picassos Werk in seinen Wirkungen spiegelten: Ausstellungsansichten, Plakate und Kataloge, Presseberichte, Briefe, Akten, Filme und Fernsehberichte, außerdem ein Theatervorhang aus dem Berliner Ensemble, auf den Bertolt Brecht „die streitbare Friedenstaube meines Bruders Picasso“ malen ließ.

Picasso eignete sich als Galions- und Projektionsfigur in beiden Systemen und beiden deutschen Staaten. Er war Mitglied der Kommunistischen Partei Frankreichs, unterstützte Befreiungskämpfe und Friedenskongresse. Aber er lebte im Westen und ließ es zu, dass die bürgerliche Kritik ihn zum unpolitischen Genie, zum „Geheimnis Picasso“ stilisierte. Welche Werke wurden im Sozialismus, welche im Kapitalismus gezeigt? Wie wurde Picasso vermittelt? Sah der Westen die Kunst, der Osten die Politik? Was sah der Künstler selbst? Der geteilte Picasso untersuchte das Bild, das sich hüben und drüben aus Picassos Bildern machen ließ. Einen Schwerpunkt bildete die Picasso-Sammlung von Peter und Irene Ludwig, noch heute eine der umfangreichsten. Als die Ludwigs Teile davon der DDR zur Verfügung stellten, vervielfachten sie den dortigen Bestand.

Für die Ausstellung wurden zwei Arbeiten in Auftrag gegeben. Die Architektur des Künstlers Eran Schaerf verknüpfte das ausgestellte Material, ohne künstlerische Werke und ihren sozialen Gebrauch hierarchisch zu gliedern. Einbauten aus Holz, schräg platzierte Stellwände, das Aussparen der Museumswände vermittelten den Eindruck einer geplanten Unabgeschlossenheit. Das einzelne Exponat schiebt sich nicht aus dem Zusammenhang, die eigene Aneignung bleibt wahrnehmbar.

Peter Nestlers Film Picasso in Vallauris wurde im Januar 2020 gedreht, um Picassos Wandgemälde Krieg und Frieden in die Ausstellung zu bringen. Der Film geht von Picassos Produktion, seinen Beziehungen und politischen Verbindungen aus und blickt von dieser Vergangenheit her auf die Menschen, die heute in Vallauris leben.

Kuratorin: Julia Friedrich

➜ Zur Vertiefung und Forschung wurde für die Picasso-Ausstellung eine extra Website angelegt. Bei Interesse melden Sie sich bitte bei infomuseum-ludwig.de .

Die Ausstellung wurde substantiell gefördert von der Peter und Irene Ludwig Stiftung, der Kunststiftung NRW, dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen sowie der Kulturstiftung der Länder. Zusätzlich wurde sie großzügig unterstützt von den Freunden des Wallraf-Richartz-Museum und des Museum Ludwig e.V., der REWE Group und der Berner Group.

Eine Ausstellung des Museum Ludwig, mit besonderer Unterstützung des Musée national Picasso-Paris.

#MLxPicasso

Publikation

Katalog, hrsg. von Julia Friedrich, mit Beiträgen von Émilie Bouvard, Hubert Brieden, Yilmaz Dziewior, Bernard Eisenschitz, Julia Friedrich, Sarah Jonas, Günter Jordan, Theresa Nisters, Boris Pofalla, Stefan Ripplinger, Georg Seeßlen, Thorsten Schneider und Iliane Thiemann, deutsche und englische Ausgabe, 248 / 252 Seiten. 266 Abbildungen, 22 x 28 cm, Ver­lag der Buch­hand­lung Walther und Franz König, Köln. 24,80 EUR (Buchhandel), 24 EUR (Museum). ISBN 978-3-7533-0066-5 (deutsche Ausgabe), ISBN 978-3-7533-0067-2 (englische Ausgabe).