Schultze Projects #1

Schultze Pro­jects #1
Wade Guy­ton

Mit der neu und ortsspezifisch entstandenen fünfteiligen Arbeit von Wade Guyton begann das Museum Ludwig 2017 die neue Projektreihe Schultze Projects. Der Name der Reihe bezieht sich auf Bernard Schultze und seine Ehefrau Ursula (Schultze-Bluhm), deren Nachlass das Museum Ludwig verwaltet und zu deren Gedenken künftig alle zwei Jahre ein*e Künstler*in eingeladen wird, ein Werk für die prominente Stirnwand im Treppenhaus anzufertigen.

Schultze Projects I - Wade Guyton, Untitled, 2017

New York bildet nach wie vor eine Folie für die unterschiedlichsten Projektionen. Die Stadt ist Verheißung und Moloch zugleich. Oder um es mit Frank Sinatra zu sagen: „If I can make it there, I'll make it anywhere.“ Was bedeutet es also, wenn Wade Guyton für seine neue Arbeit im Museum Ludwig das One World Trade Center als erkennbare Ikone dieser Finanz- und Kulturmetropole abbildet? Noch dazu in Kombination mit dem nach seiner Adresse benannten Apartmenthochhaus 56 Leonard Street von Herzog & de Meuron, einem weiteren Gebäude mit Potenzial, architektonisches Wahrzeichen der Stadt zu werden. Als drittes außergewöhnliches Gebäude ist das Long Lines Building zu sehen, ein fensterloser Koloss von 1974, das vom Whistleblower Edward Snowden als Abhörzentrale des NSA enttarnt wurde und in diesem Zusammenhang den Namen Titanpointe trägt. Jetzt hängen diese Bilder im Museum Ludwig, das nicht nur aufgrund seiner herausragenden amerikanischen Pop-Art-Sammlung eine ausgesprochen enge Beziehung zur US-amerikanischen Kunst pflegt. Gleichzeitig handelt es sich bei dem Motiv ganz lapidar um den Blick aus dem Fenster des Ateliers von Wade Guyton. Somit kommt der Künstler erneut auf ein Thema zurück, das seit Anbeginn der Kunstgeschichte große Faszination sowohl auf Laien wie Kenner ausübt und mit dem er sich erstmals Anfang dieses Jahres explizit in seiner Ausstellung im Münchner Museum Brandhorst unter dem Titel Wade Guyton. Das New Yorker Atelier ausführlich beschäftigte. Kombiniert hat Guyton diese wiedererkennbaren Motive mit scheinbar abstrakten Leinwänden. Hierfür hat er in die Datei einer beliebigen Abbildung dermaßen hineingezoomt, dass die ursprüngliche Vorlage nicht mehr zu erkennen ist. Die hellen Flächen dieser Leinwände sind teilweise an den Rändern mit roten Umrandungen bedruckt, die auch aufgrund eines an manchen Stellen angedeuteten Schattens wie Rahmen wirken. Dabei ist es bemerkenswert, dass beide Darstellungsmodi – der abstrakte ebenso wie der figurative – auf denselben künstlerischen Vorgehensweisen beruhen, die das Werk von Wade Guyton seit Beginn seiner künstlerischen Laufbahn vor nunmehr knapp zwanzig Jahren charakterisieren. Schon bei seinen heute bereits legendären Bildern mit den Buchstaben „U“ und „X“ sowie bei seinen Flammenabbildungen verwendete Guyton vorgefundene Motive, die er mit Hilfe des Computers und einem Tintenstrahldrucker auf grundierte Leinwände übertrug. Lediglich die Motive haben sich insofern verändert, als das sie in letzter Zeit verstärkt auf eigene Handyschnappschüsse, Screenshots und Zooms zurückzuführen sind. Die riesig abgebildete Kamera des iPhones auf der linken äußeren Leinwand erscheint in diesem Zusammenhang wie eine zeitgemäße Ikone des Konsums, der Überwachung und der Zirkulation von Bildern. In diesem Sinne finden Fragen der digitalen Bildproduktion, Techniken der Aneignung und eine Auseinandersetzung mit dem traditionellen Tafelbild in der neuen Arbeit von Wade Guyton noch einmal eine tiefgreifende Zuspitzung.

Wade Guyton

Wade Guyton wurde 1972 in Hammond, Indiana, USA geboren und lebt in New York. Er hatte große Einzelausstellungen im Kunstverein Hamburg (2006), Portikus in Frankfurt am Main (2008), Museum Dhondt-Dhaenens in Deurle (2009), Whitney Museum in New York (2012/13), in der Kunsthalle Zürich (2013), im Le Consortium in Dijon (2016), Museum Brandhorst in München (2017) und im Museo Madre in Neapel (2017). Außerdem war er an wichtigen Gruppenausstellungen wie der Venedig-Biennale (2013), der Carnegie International (2014) und der Whitney Biennial (2004) beteiligt. Seine Arbeiten befinden sich u.a. in folgenden Museumssammlungen: Art Institute of Chicago; Kunstmuseum Basel; Moderna Museet, Stockholm; Museum of Contemporary Art, Los Angeles; Museum Ludwig, Köln; Museum of Modern Art, New York; Centre Georges Pompidou, Paris; San Francisco Museum of Modern Art; Tate Modern, London; Whitney Museum of American Art, New York; Kunsthaus Zürich.

Über die Schultze Projects

Seit 1968 haben Bernard Schultze und seine Ehefrau Ursula (Schultze-Bluhm) als Künstlerpaar in Köln gelebt und gearbeitet. Über Jahrzehnte waren sie eine feste Größe im kulturellen Leben der Stadt und dabei stets dem Museum Ludwig in besonderem Maße verbunden. So beherbergt das Museum einen Großteil des künstlerischen Nachlasses von Ursula und Bernard Schultze. Mit seinen seit Beginn der 1950er-Jahre entstandenen Arbeiten zählte Bernard Schultze zu den Pionieren des Informel in Deutschland. 1994 konnten sich die BesucherInnen in der vom Museum Ludwig in der Josef-Haubrich-Kunsthalle ausgerichteten Ausstellung Bernard Schultze – Das große Format von der beeindruckenden Kraft und Frische im Spätwerk des Künstlers überzeugen.