Andrea Büttner. 2
Andrea Büttner. 2
5. September 2014 bis 15. März 2015
2 – der Titel ist Programm. Der größte Raum des Museums ist in zwei Teile geteilt, einen hellen und einen dunklen. Im dunklen zeigt Andrea Büttner ihre neueste Video-Installation Piano Destructions* 2014. Zu sehen ist einerseits historisches Material – Künstler, fast ausschließlich Männer, die Klaviere zerstören –, andererseits eine eigene Performance, in der neun Pianistinnen synchron Stücke von Schumann und Chopin spielen.
Einander gegenübergestellt werden zwei Formen des Umgangs mit dem Klavier. Die Konfrontation ermöglicht ein neues Nachdenken über Geschlechterverhältnisse, über die Funktion des Klaviers als Instrument der bürgerlichen Mädchenerziehung, über Performancekunst und das Klavier als ihr klassisches – auf jede erdenkliche Weise malträtiertes oder manipuliertes – Requisit. Für einen Holzschnitt hat Büttner selbst ein Klavier zerlegt und seine Teile als Druckstöcke verwendet. Entstanden ist ein abstraktes Bild aus monochromen Farbflächen, das die Klavierzerstörung, der es sich verdankt, nur noch erahnen lässt.
2 kann aber auch für das Urteilen im Allgemeinen stehen, das sich zwischen zwei Polen – schön und hässlich, cool und peinlich, wichtig und unwichtig – bewegt. Im Zentrum des hellen Teils der Ausstellung steht Immanuel Kants Kritik der Urteilskraft, die „zwei Teile der Philosophie“, nämlich den theoretischen und den praktischen Teil, „zu einem Ganzen verbinden“ will. Dafür wählt Büttner einen ungewöhnlichen Zugang. Sie fragt sich, auf welche Weise konkrete Bilder mit Kants abstraktem Text korrespondieren: welche Bilder Kant beim Schreiben vor Augen gehabt haben könnte, welche beim Lesen vor Augen treten. Mit Dutzenden von Bildern – historischen und heutigen – gelingt es ihr, Kants Begriffe sinnlich zu machen. In großen Offset-Drucken stellt Büttner „Kants Bilder“ zusammen und konfrontiert sie in der Ausstellung mit ihren Holzschnitten und Glasarbeiten.
Zur Ausstellung erscheint im Felix Meiner Verlag eine von Andrea Büttner illustrierte Ausgabe von Kants Kritik der Urteilskraft.
Andrea Büttner (*1972 in Stuttgart) hatte Einzelausstellungen 2007 im Badischen Kunstverein (Karlsruhe), 2011 in der Londoner Whitechapel Gallery, 2013 im Zollamt des Museum für Moderne Kunst (Frankfurt am Main). Auf der dOCUMENTA (13) zeigte sie ihre Arbeit „Little Sisters. Luna Park“. Sie lebt in Frankfurt am Main und London.
Zur Eröffnung zeigt das Museum Ludwig Büttners sämtliche Videoarbeiten im Kino.
Kuratorin: Julia Friedrich
* Piano Destructions ist eine Auftragsarbeit der Walter Phillips Gallery und des Banff Centre, Banff, Kanada.
Katalog
Im Rahmen der Ausstellung erscheint im November 2014 eine von Andrea Büttner bebilderte Ausgabe von Immanuel Kants „Kritik der Urteilskraft“ (1790). Darin sucht Kant nach philosophischen Kriterien für das ästhetische Urteil. Büttner hat sich sein Buch noch einmal vorgenommen und befragt es danach, welche konkreten Bilder der Philosoph beim Schreiben vor Augen gehabt haben könnte, bzw. welche Bilder es beim Lesen hervorruft. Ihre Auswahl von historischen Bildern unter anderem aus Kants Bibliothek und von aktuellen Bildern aus dem Netz ist nun dem kompletten Text von Kant beigestellt.
Andrea Büttner: Immanuel Kant. Kritik der Urteilskraft
Herausgegeben vom Museum Ludwig Köln.
Verlegt bei Felix Meiner, Hamburg.
610 Seiten. Mit 200 Abbildungen und dem vollständigen Text von Immanuel Kant in der Ausgabe von Heiner Klemme.
16,5 x 23,0 cm.
ISBN 978-3-7873-2759-1
Fadenheftung, kartoniert
38.00 Euro
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