Installationsansicht: Pablo Picasso, Frau mit Kinderwagen, 1950; Musketier mit Degen, 1972; Melonenesser, 1967; Der Kuss, 1969; Krug mit einem auf Händen ruhenden Gesicht, 1952; Liegender Akt mit Vogel, 1968; © Succession Picasso / VG Bild-Kunst, Bonn 2018 / Fernand Léger, Die Taucher, 1942; © VG Bild-Kunst, Bonn 2020, Foto: A.R.

Die Sammlung des Museum Ludwig

Die um­fan­greich­ste Pop-Art-Kollek­tion Eu­ro­pas, die dritt­größte Pi­cas­so-Samm­lung der Welt, eine der be­deu­tend­sten Samm­lun­gen zum deutschen Ex­pres­sion­is­mus, her­aus­ra­gende Werke der rus­sischen Avant­garde und eine exzel­lente Samm­lung zur Geschichte der Fo­to­gra­fie: Das Mu­se­um Lud­wig be­sitzt heute eine der wichtig­sten Samm­lun­gen von Kunst des 20. und 21. Jahrhun­derts weltweit. Und dies ver­dankt es, an­ders als hö­fische Samm­lun­gen, dem außergewöhn­lichen En­gage­ment der Bürg­er­schaft. Das Fun­da­ment für die Mu­se­ums­grün­dung legte das Stifter*in­paar Peter und Irene Lud­wig 1976 mit der Schenkung von 350 Werken mod­ern­er Kunst an die Stadt Köln.

Die Samm­lung Haubrich – Klas­sische Mod­erne und Ex­pres­sion­is­mus

Als Josef Haubrich der Stadt Köln un­mit­tel­bar nach Ende des 2. Weltkriegs, im Jahr 1946 seine Kun­st­samm­lung über­gab, schien es den Köl­n­er*in­nen wie eine Botschaft aus ein­er besseren Welt. Längst ver­loren geglaubte Bilder von deutschen Ex­pres­sion­ist*in­nen und an­deren Vertreter*in­nen der Klas­sischen Mod­erne, die im Krieg ver­fol­gt wur­den und als „en­tartet“ gal­ten, ge­hörten plöt­zlich den Bürg­er*in­nen der Stadt. Dass er damit den Grund­stein für die Samm­lung des Mu­se­um Lud­wig le­g­en sollte – und damit für eines der be­deu­tend­sten Museen für mod­erne und zeit­genös­sische Kunst in Eu­ro­pa – lag noch in fern­er Zukunft.

Die Schenkung des Köl­n­er Ju­ris­ten befin­d­et sich heute un­ter dem Na­men Samm­lung Haubrich im Mu­se­um Lud­wig. Hi­er trifft man auf zen­trale Werke des Ex­pres­sion­is­mus und der Neuen Sach­lichkeit, darun­ter Glanzstücke wie das Porträt des Dok­tor Hans Koch von Ot­to Dix (1921) oder der Hal­bakt mit Hut von Ernst Lud­wig Kirch­n­er (1911), Werke von Max Beck­mann, Marc Cha­gall, Erich Heck­el, Karl Sch­midt-Rottluff, Au­gust Macke, Hein­rich Ho­er­le, Wil­helm Lehm­bruck oder Pau­la Mod­er­sohn-Beck­er.

Eine Pop Art-Samm­lung für Köln – die Grün­dung des Mu­se­um Lud­wig

Ge­nau 30 Jahre später sorgte eine weitere spek­takuläre Schenkung an die Stadt Köln für Auf­se­hen und führte nicht zulet­zt zur Grün­dung des Mu­se­um Lud­wig als ei­gen­ständige In­sti­tu­tion: 1976 schenkte das Samm­ler­paar Peter und Irene Lud­wig der Stadt seine einzi­gartige Samm­lung von Kunst der 1960er und 1970er Jahre mit zahl­reichen Meis­ter­w­erken amerikanisch­er Pop Art, un­ter der Prämisse, dass die Stadt der neuen Samm­lung ein ei­genes Haus baut. So wurde 1986 das von den Ar­chitek­ten Peter Bus­mann und God­fried Haber­er ge­plante Ge­bäude zwischen Dom, Rhein und Haupt­bahn­hof eröffnet. (Mehr zur Geschichte des Mu­se­um Lud­wig

Peter und Irene Lud­wig begeis­terten sich schon Mitte der 1960er Jahre für die amerikanische Pop Art, die da­mals in Deutsch­land noch eher un­bekan­nt und rev­o­lu­tionär war und erst mit der doc­u­men­ta 4 in Kas­sel die Aufmerk­samkeit der Öf­fentlichkeit auf sich zog. Neben Roy Licht­en­steins berühmter Blon­dine M-Maybe – A Girl’s Pic­ture (1965) oder Claes Ol­d­en­burgs Soft Wash­s­tand aus dem­sel­ben Jahr ge­langte auch Tom Wes­sel­manns Great Amer­i­can Nude No. 98 (1967) von der doc­u­men­ta in die Samm­lung der Lud­wigs.

Heute gilt die Samm­lung amerikanisch­er Pop Art des Mu­se­um Lud­wig als größte außer­halb der USA. Neben den Ge­nan­n­ten ge­hören zahl­reiche Hauptw­erke von Roy Licht­en­stein, Andy Warhol, Claes Ol­d­en­burg, James Rosen­quist, Robert Rauschen­berg und Jasper Johns fest zur Samm­lung des Haus­es.

Pab­lo Pi­cas­so

Die Samm­lung des Mu­se­um Lud­wig lässt sich nicht hin­reichend beschreiben, ohne auf die Werke des Jahrhun­dert-Kün­stlers Pab­lo Pi­cas­so einzuge­hen, die sie be­her­bergt. Dank drei­er Schenkun­gen von Peter und Irene Lud­wig hat Köln heute die dritt­größte Pi­cas­so-Samm­lung nach Paris und Barcelo­na. Darun­ter sind nicht nur Gemälde aus allen Schaf­fen­sphasen wie der Har­lekin (1923) oder die Frau mit Ar­tis­chocke (1941), son­dern auch zahl­reiche Keramiken und Skulp­turen, wie die Orig­i­nal­gipse der Frau mit Kin­der­wa­gen (1950) oder des monu­men­tal­en Kopfes Do­ra Maars (1941).

Dass Pi­cas­so zeit seines Lebens der Zeich­nung und der Druck­gra­fik ei­nen sehr großen Stel­len­w­ert in seinem Werk beigemessen hat, zeigt sich auch in der Samm­lung des Mu­se­um Lud­wig: Es be­sitzt als einzige öf­fentliche In­sti­tu­tion alle drei großen druck­gra­fischen Zyklen des Meis­ters, die Suite Vol­lard (1930-37), Suite 345 (1968) und Suite 156 (1970-71) – neben zahl­reichen weit­eren gra­fischen Werke.

Kasymiyr Malewytsch, Ljubov Popo­va, Alexan­dra Ex­ter ...

Seit den späten 1970er Jahren haben Peter und Irene Lud­wig Kunst gekauft, die früher als Rus­sische Avant­garde galt: Werke des Kubo­fu­turis­mus, des Supre­ma­tis­mus oder des Kon­struk­tivis­mus. Sie ge­langten 2011 als Schenkung ins Mu­se­um Lud­wig und machen heute eine der größten Samm­lun­gen im West­en aus. Die Bilder sind Form- und Far­b­ex­per­i­mente, Au­flö­sun­gen der kon­ven­tionellen Re­al­ität. Sie sind in Moskau, St. Peters­burg, Kyjiw und Charkiw ent­s­tan­den und spiegeln die Um­bruchzeit von 1905-1930. Kün­stler*in­nen wie Na­talia Gontscharowa, Michail Lari­onow, Alexan­der Rod­schenko oder Kasymiyr Malewytsch glaubten an die Utopie ein­er Kunst, die im Di­enst ein­er klassen­losen Ge­sellschaft ste­hen sollte. Ihre in­no­va­tiv­en Werke zwischen Folk­lore und Ab­s­trak­tion haben auf die Kunst bis in die Ge­gen­wart großen Ein­fluss. 

Der Be­griff “Rus­sische Avant­garde”, der im West­en etabliert wurde, ver­nach­läs­sigt Iden­titäten und Tra­di­tio­nen von Kün­stler*in­nen, die sich als Ange­hörige von Ge­bi­eten iden­ti­fizierten, die heute (und teil­weise auch da­mals) un­ab­hängige Staat­en darstell­ten. Insbe­son­dere in der Ukraine gab es nach dem bolschewis­tischen Sieg über das Land in den 1920er Jahren starke Autonomiebe­stre­bun­gen. Kün­stler*in­nen wie Alexan­dra Ex­ter, Kasymiyr Malewytsch, Olek­san­­dr Bo­ho­­ma­­zow oder Wa­­syl Jer­milow sind wie viele an­dere auch in Kün­stler*in­nenkreise einge­bun­den, die über Grenzen hi­naus­reichen; ihre ukrainische Herkunft spielt aber im Werk sowie im per­sön­lichen Leben im­mer wied­er eine Rolle. Sie stan­den am An­fang ein­er ukrainischen Tra­di­tion der bil­den­den Kunst und grün­de­ten Schulen in Kyjiw, Charkiw und Ode­sa.

Ab­s­trakte Ten­denzen

Mark Rothkos leuch­t­end med­i­ta­tive Farbfelder, die gra­fischen Muster­bilder von Frank Stel­la, Jack­son Pol­locks berühmte Drip-Paint­ings oder die re­duzierten bun­ten Farb­streifen von Mor­ris Louis sind nur Beispiele für die be­deu­tende Samm­lung ab­s­trak­ter Ten­denzen aus den 1960er Jahren im Mu­se­um Lud­wig. Dass diese sich nicht nur auf Gemälde beschränkt, zei­gen die Werke von Min­i­mal- und Konzep­tkün­stler*in­nen wie Do­n­ald Judd, Carl An­dré und Eva Hesse oder die ab­s­trak­ten Skulp­turen von David Smith.

Die Samm­lung des Mu­se­um Lud­wig spiegelt außer­dem frühere ab­s­trakte Ten­denzen der 1950er und 1960er Jahre aus Eu­ro­pa, et­wa von Jean Dubuf­fet, Lu­cio Fon­ta­na, Pierre Sou­lages, Wols oder Hans Har­tung. Kün­stler des deutschen In­formel, wie K. O. Götz oder Ber­nard Schultze, dessen Nach­lass das Mu­se­um Lud­wig seit 2005 be­wahrt, sind eben­falls vertreten.

Mit dem um­fan­greich­sten Be­s­tand an Ar­beit­en von Ernst Wil­helm Nay in einem Mu­se­um über­haupt, ist in der Samm­lung des Mu­se­um Lud­wig zu­dem ein wichtiger Werkkom­plex ab­s­trak­ter Malerei und Zeich­nung vorhan­den, der sich von der klas­sischen Mod­erne aus bis zur Nachkriegszeit ent­fal­tet.

Kunst aus dem Rhein­land

Die Kun­st­geschichte des Rhein­lands ist mit kap­i­tal­en Werken von Joseph Beuys, An­dreas Gursky, Jörg Im­men­dorff, Can­di­da HöferMartin Kip­pen­berg­er, Sig­mar Polke, Ger­hard Richter oder Rose­marie Trock­el vertreten.

Die Gra­fische Samm­lung

Die Gra­fische Samm­lung des Mu­se­um Lud­wig um­fasst rund 3.000 Zeich­nun­gen und fast 10.000 Druck­gra­fiken. Ein Sch­w­er­punkt liegt auf dem Ex­pres­sion­is­mus, ein weit­er­er auf Ar­beit­en Pi­cas­sos: Neben ein­er großen Zahl von Zeich­nun­gen be­sitzt das Mu­se­um Lud­wig sämtliche druck­gra­fischen Suit­en.

Die Samm­lung wird durch Ankäufe und Schenkun­gen ständig er­weit­ert und in die Ge­gen­wart ge­führt. Zum Be­s­tand ge­hören in­zwischen die voll­ständi­gen Edi­tio­nen von Mar­cel Broodthaers, Sig­mar Polke und Lu­cy McKenzie und den Guer­ril­la Girls sowie repräsen­ta­tive Ar­beit­en von An­drea Bütt­n­er, Miri­am Cahn, Sis­ter Cori­ta, Lubai­na Himid und vielen an­deren.

Kun­st­strö­mun­gen und Me­di­en des 20. Jahrhun­derts

Neben die­sen Sch­w­er­punk­ten bi­etet das Mu­se­um Lud­wig ei­nen Über­blick über die wichtig­sten Kun­st­strö­mun­gen und Me­di­en des 20. Jahrhun­derts.

Die Samm­lung um­fasst Werke des ab­s­trak­ten Ex­pres­sion­is­mus von Mark Rothko, Frank Stel­la, Jack­son Pol­lock, Min­i­mal- und Konzep­tkün­stlern wie Do­n­ald Judd, Carl An­dre, Eva Hesse, eu­ropäische Ten­denzen der 1950er- und 1960er-Jahre u.a. von Jean Dubuf­fet, Lu­cio Fon­ta­na, Pierre Sou­lages, Wols, Hans Har­tung sowie Film- und Videokunst, In­s­tal­la­tio­nen und per­for­ma­tive Ar­beit­en der let­zten Jahrzeh­nte. Die Kun­st­geschichte des Rhein­lands ist mit kap­i­tal­en Werken von Ger­hard Richter, Sig­mar Polke, Rose­marie Trock­el oder Martin Kip­pen­berg­er vertreten.

Samm­lung Fo­to­gra­fie

Das Mu­se­um Lud­wig be­her­bergt mit rund 70.000 Werken eine be­deu­tende und um­fan­greiche Samm­lung zur Fo­to­gra­fie von den An­fän­gen bis in die Ge­gen­wart und ge­hört zu den er­sten Museen mod­ern­er und zeit­genös­sisch­er Kunst, die der Fo­to­gra­fie eine ei­gene Samm­lung wid­me­ten. 1977 wurde sie ge­grün­det. (Mehr zur Samm­lung Fo­to­gra­fie des Mu­se­um Lud­wig).

Zur Samm­lung Fo­to­gra­fie zählen frühe Daguerreo­typi­en, be­deu­tende kün­st­lerische Fo­to­gra­fien vom 19. bis ins 21. Jahrhun­dert, Al­ben und Map­pen­w­erke, aber auch um­fan­greiche Ma­te­rialien zur Kul­turgeschichte des Medi­ums. Auch hi­er waren es pri­vate Samm­ler*in­nen, die 1977 den Grund­stein für die Samm­lung Fo­to­gra­fie legten, mit Ankäufen und Schenkun­gen aus der Samm­lung von L. Fritz und Re­nate Gru­ber, die beste Kon­takte zu Fo­to­graf*in­nen im In- und Aus­land pflegten.

Die Samm­lung ist in den let­zten Jahrzeh­n­ten durch Ankäufe und Schenkun­gen von Ar­beit­en von Jeff Wall, Tho­mas Ruff, Wolf­gang Till­mans oder Sh­er­rie Levine, um nur einige wenige zu nen­nen, bis in die Ge­gen­wart fort­ge­führt wor­den.

Die Samm­lung heute

Weniger bekan­nt, aber den­noch für das Pro­fil des Mu­se­um Lud­wig wichtig, sind die Ar­beit­en von Kün­stler*in­nen aus Afri­ka, Asien und Latei­nameri­ka wie Xu Bing, Kcho, Cai Guo-Qiang, Haegue Yang, Tere­sa Bur­ga, Bodys Isek Kin­gelez und Ge­orges Adéag­bo, um nur einige zu nen­nen. Diese globale Aus­rich­tung der Samm­lung wird in Zukunft noch mehr an Be­deu­tung gewin­nen.

Der Bereich zeit­genös­sische Kunst er­streckt sich bis in die Ge­gen­wart. Er wird stetig durch Neuankäufe und Schenkun­gen er­weit­ert, zulet­zt durch Werke von Min­er­va Cue­vas, Dian­go Hernán­dez, Anne Imhof, Os­car Muril­lo, Av­ery Singer, Nil Yal­ter und Hei­mo Zobernig. Denn eine Samm­lung ist nie abgeschlossen.

Die Samm­lung on­line

Über die­sen Link er­reichen Sie unsere Samm­lung on­line: www.mu­se­um-lud­wig.kul­turelles-erbe-koeln.de