Der renommierte Kunsthistoriker im Vortrag über Gerhard Richters Familienbilder
KunstBewusst: Benjamin Buchloh. Malerei und Mimesis
Dieser Vortrag will versuchen, die schwierigen Fragen zu adressieren, die uns Richters farbige Familienbilder stellen.
Beginnend mit Ema (1966), und vorläufig abgeschlossen mit Ella (2007), hat diese Gruppe von exquisit konzipierten und ausgeführten Portraits nicht nur ihre Betrachter verführt, sondern auch ihre Kritiker und Historiker verwirrt, und vor schwierige interpretatorische Aufgaben gestellt. Zum einen die Frage, warum ausschliesslich die engsten Mitglieder seiner Familie sich als Sujet für diesen Bildtypus zu eignen scheinen. Zum anderen der Fragenkomplex, wie sich diese extremen Beispiele einer erneuerten Malkultur, historisch situieren lassen. Entweder in ihrem Gegensatz zur qualitativ und quantitativ ausserordentlichen Produktion der abstrakten Bilder Richters, oder aber auch hinsichtlich ihrer impliziten Affirmation der Malerei als Mimesis, als deren ursprünglichste Funktion der Nachahmung und Abbildung. Diese sei, so hatte uns die Geschichte der Prae-Moderne gelehrt, abhängig von der höchsten Ausbildung der künstlerisch-technischen und artisanalen Kunstfertigkeiten. Doch die Moderne, seit Abstraktion und Duchamp, hatte gerade diese ins epistemologische Abseits gestellt, und nur reaktionäre Phasen der Anti-Moderne wie im retour a l’ordre hatten diese Prinzipien wiederbelebt. Es ist zweifelhaft, dass die letztere Tendenz die Familien - Bilder Richters motivieren könnte.
Benjamin Buchloh ist Kunsthistoriker, Publizist und Ausstellungskurator. Er lehrt Kunstgeschichte an der Harvard University.
Vortrag im Rahmen der Reihe KunstBewusst, gemeinsam veranstaltet von den Freunden des Wallraf-Richartz-Museum und Museum Ludwig und der Fritz Thyssen Stiftung