Abbildung Vor dem Gesetz
Thomas Schütte, Vater Staat, 2011, © VG Bild-Kunst, Bonn 2011
und Zoe Leonard, Tree, 1997/2011, © Zoe Leonard, Foto: Achim Kukulies

Vor dem Gesetz.
Skulpturen der Nachkriegszeit und Räume der Gegenwartskunst

17. Dezem­ber 2011 bis 22. April 2012

Eine ge­mein­same Ausstel­lung des Mu­se­um Lud­wig und der Sie­mens Stif­tung

Ver­let­zun­gen der Men­schen­würde kön­nen weltweit tagtäglich zu Mil­lio­nen aufgezeigt wer­den, uns ist es jed­erzeit möglich von Un­gerechtigkeit­en zu er­fahren oder sie durch ver­schie­den­ste Me­di­en zu bezeu­gen. Wie kann die bil­dende Kunst diese uni­verselle Proble­matik the­ma­tisieren ohne il­lus­tra­tiv zu wer­den?

Franz Kafkas Para­bel „Vor dem Ge­setz" (1915) di­ent als ge­dan­k­lich­er Aus­gangspunkt und Me­ta­pher für die Ausstel­lung. Diese erzählt von einem Mann vom Lande, der vor das Ge­setz tritt. Vor dem Ge­setz ste­ht ein Türhüter, bei dem er verge­blich um Ein­tritt er­sucht. Der Mann vom Lande, der die Er­run­gen­schaften der Aufk­lärung nicht mit­bekom­men hat, bleibt lebens­länglich vom Ge­setz aus­geschlossen. Im Ge­gen­satz zur herkömm­lichen Be­deu­tung wird das Ge­setz bei Kaf­ka in ein­er räum­lichen Aus­deh­nung dargestellt. Mit dies­er Para­bel ist es möglich, Je­man­den außer­halb des Ge­setzes zu po­si­tionieren. Dies­er Je­mand be­sitzt wed­er Rechte noch Pflicht­en, das Ge­setz ist ihm Zu­flucht­sort. Im Hin­blick auf die Men­schen­rechte, zeigt dies­er Text, dass es wed­er möglich ist, außer­halb des ange­bore­nen Rechts zu ste­hen, noch sich dahin zu begeben. Ger­ade in Bezug auf die Men­schen­rechts­frage hat das Um­denken, welch­es nach dem Zweit­en Weltkrieg stattfin­d­en musste, viel verän­dert. Was ist heute noch davon übrig? VOR DEM GE­SETZ vereint fig­u­ra­tive Skulp­turen der 1950er Jahre, als Teil der eu­ropäischen Geschichte, mit raum­greifen­d­en Beiträ­gen zeit­genös­sisch­er Kün­stler, in de­nen die uni­verselle Proble­matik von Recht im Ver­hält­nis zur Wahrung men­sch­lich­er Würde verortet wird. Die Ausstel­lung span­nt so ei­nen Bo­gen über die let­zten sechzig Jahre, um das ex­is­tenzielle Po­ten­tial von Kunst heute auszu­machen. Die fig­u­ra­tiv­en Skulp­turen der 1950er Jahre bil­den den ar­gu­men­ta­tiv­en Kern der Ausstel­lung. Im Rück­blick spiegeln diese ex­em­plarisch aus­gestell­ten Stat­uen den Zeit­geist der Nachkriegszeit und die Nach­we­hen eines je­den Krieges. Sie ver­mit­teln ein Ge­fühl für die er­lebten Schreck­en und die Sprachlosigkeit, die damit ein­herge­ht.

Die Skulp­turen von Reg But­ler, Al­ber­to Gi­a­comet­ti, Wil­helm Lehm­bruck, Gi­a­co­mo Manzù, Ger­hard Mar­cks, Mari­no Mari­ni, Hen­ry Moore, Ger­maine Richi­er und Os­sip Zad­kine schei­nen äs­thetisch aus der Zeit zu fall­en. Der For­mge­danke ist für diese Stat­uen weniger kennzeich­nend als die Hal­tung, mit der sie sich zur Geschichte und zu den zeit­losen Fra­gen der Men­sch­heit po­si­tionieren. Die Ex­pres­siv­ität und Un­mit­tel­barkeit der ge­formten Kör­p­er ist gleichzusetzen mit dem Willen, der ei­ge­nen Si­t­u­a­tion und der eines trau­ma­tisierten Lan­des ein Gesicht und eine Form zu geben. Der Men­sch als ge­broch­enes We­sen ste­ht dabei im Mit­telpunkt.

Pawel Al­thamer, Phyl­li­da Bar­low, Kar­la Black, Paul Chan, Jim­mie Durham, Zoe  Leo­nard, Bruce Nau­man, Tho­mas Schütte und An­dreas Siek­mann über­tra­gen ihre Ge­danken zur men­sch­lichen Ex­is­tenz in die Räume des Mu­se­ums. Sie operi­eren in ein­er ge­wan­del­ten kom­plex­eren Welt mit einem er­weit­erten Kun­st­be­griff, an­deren Ma­te­rial­itäten und Mit­teln. Den Bronzes­tat­uen, die zwischen Kriegs­rui­nen gen Him­mel ragten, ste­hen Ar­beit­en ge­genüber, die erneut ver­suchen, die men­sch­liche Ge­gen­wart auszu­machen. Ein An­lie­gen dies­er Ausstel­lung ist es, über den his­torischen Kon­text unseren Blick für das hu­man­is­tische Po­ten­tial von Ge­gen­wart­skunst zu schär­fen. In Zeit­en, die von Auk­tion­s­reko­r­den und Sch­nelle­bigkeit geprägt sind, er­scheint die Au­sei­nan­derset­zung mit ein­er Kunst notwendig, die mit Ern­sthaftigkeit auf der Kat­e­gorie des Men­sch­lichen in­sistiert.

Künstler

Pawel Al­thamer, Carl An­dre, Phyl­li­da Bar­low, Joseph Beuys, Kar­la Black, Mon­i­ca Bon­vici­ni, Reg But­ler, Paul Chan, Fritz Cre­mer, Jim­mie Durham, Katha­ri­na Fritsch, Al­ber­to Gi­a­comet­ti, Can­di­da Höfer, Wil­li­am Ken­tridge, Marko Le­han­ka, Wil­helm Lehm­bruck, Zoe Leo­nard, Gi­a­co­mo Manzù, Ger­hard Mar­cks, Mari­no Mari­ni, Hen­ry Moore, Bruce Nau­man, Ger­maine Richi­er, Ul­rich Rück­riem, Tho­mas Schütte, Ge­orge Se­gal, An­dreas Siek­mann, An­dreas Slomin­s­ki, Os­sip Zad­kine

Die Ausstel­lung VOR DEM GE­SETZ vereint Skulp­turen der Nachkriegszeit und Räume der Ge­gen­wart­skunst. Auf dem Weg zur Ausstel­lung fin­d­en un­ter dem Ti­tel Du kommst hi­er nicht rein Ge­spräche statt, die sich mit der zen­tralen Frage nach der Men­schen­würde und ihrem Ver­hält­nis zum Kon­strukt Recht au­sei­nan­dersetzen.

Eine Film­rei­he, ku­ratiert von Volk­er Pan­ten­burg und Michael Baute, be­gleit­et die Ausstel­lung.

Ku­ra­toren: Kasper König und Tho­mas D. Trum­mer mit An­na Brohm und An­dreas Prinz­ing

Kul­tur-Tick­et-Spezial

Mit dem Kul­tur-Tick­et-Spezial der Deutschen Bahn für nur 39. EUR (2.Kl.) und 59 EUR (1.Kl.) p.P. zur Ausstel­lung und zurück an einem Tag - ab allen Bahn­höfen im Umkreis von 300 km. Das Tick­et er­hal­ten Sie bei gleichzeitigem Kauf oder Vor­lage ein­er Ein­tritt­skarte zur Ausstel­lung in allen DB Reisezen­tren und DB Agen­turen. Weitere In­for­ma­tio­nen un­ter www.bahn.de/kul­tur

Kunstfunk

Die in­no­va­tive App des Mu­se­um Lud­wig be­gleit­et Sie durch die Ausstel­lung Vor dem Ge­setz. Teilen Sie Ihre Begeis­terung für einzelne Werke, tauschen Sie sich mit an­deren Be­such­ern aus und disku­tieren Sie über das, was Sie be­wegt. Im Fo­rum be­treuen Kun­s­t­ex­perten Ihre Beiträge und Fra­gen zu den Kunst­w­erken.Sie kön­nen sich kun­st­funk auch kosten­los im App Store run­ter­la­den.

Kun­st­funk wurde re­al­isiert vom Ate­li­er für Me­di­enges­tal­tung.