Cosima von Bonin's
CUT! CUT! CUT!

5. Novem­ber 2011 bis 13. Mai 2012

FOR MU­SE­UM LUD­WIG’S SLOTH SEC­TION, LOOP # 04 OF THE LAZY SU­SAN SE­RIES, A RO­TAT­ING EX­HI­BI­TION 2010–2012

Das Mu­se­um Lud­wig wid­met der Kün­st­lerin Cosi­ma von Bonin (*1962) eine Ausstel­lung, die sich wie ein Work in Progress in vi­er eu­ropäischen Städten en­twick­elt. Die Ausstel­lung be­gann in Rot­ter­dam, wan­derte dann nach Bris­tol und war zulet­zt in Genf zu se­hen. Für jede Sta­tion erar­beit­ete die Kün­st­lerin zusam­men mit der jew­eili­gen In­sti­tu­tion eine ganz ei­gene Ausstel­lungs­si­t­u­a­tion. In der Hei­mat­s­tadt Cosi­ma von Bonins fin­d­et die Schau nun ihren Höhep­unkt und ei­nen dy­namischen Ab­sch­luss. Köln bildet damit die let­zte „Sch­laufe" des kreisen­den Ausstel­lungsprinzips, das sich bere­its im Ti­tel an­deutet: LAZY SU­SAN bezeich­net im En­glischen ei­nen rotieren­den Tischauf­satz, der dre­hend Speisen an­bi­etet. Nicht zufäl­lig trägt das Haushalts­gerät ei­nen wei­blichen Na­men und eben­so wenig zufäl­lig spiegelt sich im Be­griff der Lazi­ness (Faul­heit) ein wesentlich­es Mo­tiv der Werke Cosi­ma von Bonins.

Die zen­trale neue Ar­beit der vi­er Loops der Lazy Su­san Se­ries, AM­A­TEUR DRA­MAT­ICS (2010) wurde von den beteiligten In­sti­tu­tio­nen ko­pro­duziert und nimmt eben jene Form der Lazy Su­san auf: eine große kreisende Scheibe, die wie eine Mischung aus Karus­sell und Präsen­ta­tion­s­platt­form an­mutet. Auf dies­er Scheibe platziert die Kün­st­lerin ver­schie­dene bere­its beste­hende Ar­beit­en. Im Mit­telpunkt befin­d­et sich stets der PUR­PLE SLOTH RAB­BIT (2010) - ein großer Hase, der lie­gend die Sicht frei gibt auf die mit dem Wort SLOTH (Faul­ti­er) be­stick­ten Fußun­ter­seit­en. Ironisch und pro­vokant macht Cosi­ma von Bonin die Faul­heit - zu­gleich Schimpf­wort und Traum eines Zei­tal­ters, in dem jede Minute zählt - zum Leit­mo­tiv des Ausstel­lungszyk­lus', der hi­er mehr mit Pro­duk­tion­swut und Hy­per­ak­tiv­ität als mit Un­tätigkeit und Trägheit zu tun hat.

Für den großen Ober­licht­saal des Mu­se­um Lud­wig hat Cosi­ma von Bonin eine spek­takuläre Ar­beit geschaf­fen, die Kunst­w­erk und Ausstel­lungsar­chitek­tur gleicher­maßen ist. Sechs überdi­men­sionierte Tische mit Höhen von 2,70 Me­ter bis 5,40 Me­ter füllen den Raum und bil­den damit ver­schie­dene Präsen­ta­tionsebe­nen: Als Ausstel­lungs­fläche wird so­wohl der Raum un­ter wie auf den Mö­beln genutzt. Die Kün­st­lerin bezie­ht damit ak­tiv die Be­son­der­heit­en des ex­trem ho­hen und durch eine Ga­lerie gekennzeich­neten Saals ein und rückt den Be­such­er in eine völ­lig neue und un ge­woh­nte Be­trach­tungs­si­t­u­a­tion. Über fünf Räume und ver­schie­dene me­diale Orte hin­weg en­twick­elt sich die Ausstel­lung bis in den Außen­raum hinein, wo mit der Ar­beit TAGEDIEB (2010) ein lang­nasiger - und somit of­fen­sichtlich lü­gen­der - Pinoc­chio auf einem Schied­s­richter­s­tuhl in luftiger Höhe sitzt. Ins­ge­samt sind über 70 Ar­beit­en, darun­ter zahl­reiche Ne­upro­duk­tio­nen und einige bish­er sel­ten gezeigte Werke aus Köl­n­er Pri­vat­samm­lun­gen in der Schau zu se­hen.

Cosi­ma von Bonin vermei­det es, sich auf ein Medi­um oder ei­nen Stil festzule­gen. Typisch für ihr Werk je­doch sind weiche und tex­tile Ma­te­rialien, die nicht nur As­sozi­a­tio­nen zu stereo­typ wei­blichen Tätigkeit­en na­hele­gen, son­dern auch die schein­bare Trägheit ihr­er figür­lichen Ar­beit­en un­ter­stützen. Zahl­reiche Ref­erenzen und An­k­länge - von Kip­pen­berg­er bis Dis­ney - wer­den von der Kün­st­lerin so­wohl für ihre Werke als auch für deren Ti­tel aufge­grif­f­en und zusam­mengemischt, wobei diese krea­tive Vorge­hen­sweise an das Sam­peln von Musik und damit an das Vorge­hen eines DJs erin­n­ert.

Zusam­me­nar­beit­en, Aneig­nen und Delegieren spielen zen­trale und vi­tale Rollen für die Kün­st­lerin. Sie ver­wan­delt sich in eine Pro­duzentin oder den „Mas­ter of Cer­e­monies", in­dem sie Kol­le­gen und Fre­unde aus den un­ter­schiedlich­sten Bereichen - Musik, The­ater, Lit­er­a­tur, Film und Kunst - in ihre Ausstel­lung ein­bin­det. Diese Teil­nahme um­fasst Ve­r­an­s­tal­tun­gen eben­so wie die Werke der Ausstel­lung selbst. So hat Bonin beispiel­sweise den Musik­er Moritz von Os­wald beauf­tragt, neue Kom­po­si­tio­nen im Dia­log zu einzel­nen Ar­beit­en zu re­al­isieren. Den Musik­er und Kun­stkri­tik­er Dirk von Lowt­zow hat sie ein­ge­la­den, eine fik­tive In­ter­viewrei­he zu re­al­isieren. Be­glei­t­end zur Ausstel­lung hat der in Köln an­säs­sige amerikanische Au­tor Mark von Sch­legell eine Sci­ence Fic­tion Geschichte geschrieben, die sich pro­gres­siv von Sta­tion zu Sta­tion auf­baut und in Köln en­det. Die eben­falls in Köln an­säs­sige Kün­st­lerin Frances Scholz er­hielt da­raufhin den Auf­trag diese „Star­lite"-Geschichte zu ver­fil­men. Alle diese ver­schie­de­nen El­e­mente fü­gen sich in der Ausstel­lung zusam­men und ergeben ei­nen Remix, der Ir­ri­tieren­des, Ab­sur­des und Über­raschen­des für den Be­such­er berei­thält.

WIR SIND VIELE

FRANCES SCHOLZ
DIRK VON LOWT­ZOW
RENÉ POLLESCH'
MORITZ VON OS­WALD
MAX LODER­BAUER
GE­ORGE ROMERO
JAC­QUES TATI
CLAUS RICHTER
PHAN­TOM GHOST
MARK VON SCH­LEGELL
FRIE­DRICH W. HEUBACH

PRO­DUZENTIN
VI­O­LA KLEIN
WOLF­GANG VOIGT & AN­DREAS DO­RAU

Ku­ra­torin: Ka­tia Baudin