Best of

Mit der um­fan­greich­sten Pop Art-Samm­lung außer­halb der USA, der dritt­größten Pi­cas­so-Samm­lung der Welt, ein­er der wichtig­sten Samm­lun­gen des Ex­pres­sion­is­mus und ein­er in­ter­na­tio­n­al be­deu­ten­den Samm­lung zur Fo­to­gra­fie ist das Mu­se­um Lud­wig weltweit eines der renom­miertesten Museen für die Kunst des 20. und 21. Jahrhun­derts.
Ei­nen weit­eren Sch­w­er­punkt, der bis heute konse­quent er­weit­ert wird, bildet die Samm­lung zeit­genös­sisch­er Kunst, denn eine Samm­lung ist nie abgeschlossen.

 

Mar­ta Min­u­jín

My Ma­tress, 1962

Bildbeschreibung

Die ar­gen­tinische Kün­st­lerin Mar­ta Min­u­jín ar­beit­et mit ge­fun­de­nen Ma­te­rialien und ar­rangiert sie auf ei­ge­nartige Weise neu. Manche so ge­fun­de­nen For­men zer­störte sie dann wied­er in einem Sch­lag oder über­lässt sie dem langsa­men Ver­fall. My Mat­tress ist 1962 in Paris im Um­feld der Nou­veau Re­al­istes ent­s­tan­den, kurz nach Min­u­jín’s Ankunft aus dem vom Putsch be­trof­fe­nen Buenos Aires. Die El­e­mente der Ma­tratze, blau und sch­warz be­malt, bäu­men sich in eine Art großen Set­zkas­ten wie in einem Sch­lacht­feld auf. Das Bett an der Wand erin­n­ert an ei­nen sich win­den­den Kör­p­er. An­gesichts der dra­ma­tischen Si­t­u­a­tion in Ar­gen­tinien, wo die roten und die blauen Gen­eräle bru­tal um die Macht kämpfen, wird die pri­vate Ma­tratze der Kün­st­lerin als Zeichen per­sön­lich­er In­tim­ität in sein­er Ver­for­mung zu einem poli­tischen Bild.

Peter Blake

ABC Mi­nors, 1955

Bildbeschreibung

Mitte der 1950er Jahre malte Blake eine Rei­he von Mädchen- und Jun­gen­bild­nis­sen, die sich mit Pu­bertät und der Emanzi­pa­tion aus dem Sta­di­um der Kind­heit au­sei­nan­dersetzen. Der Bildti­tel bezie­ht sich auf den Na­men eines Film­clubs für Kin­der, dem der Kün­stler während der Kriegs­jahre ange­hörte. Die Abzeichen an den Kra­gen­re­v­ers ver­bildlichen die An­stren­gun­gen der bei­den Jun­gen, erwach­sen zu wer­den. Der Film­club er­möglicht eine Def­i­ni­tion der ei­ge­nen Per­son außer­halb der Fam­i­lie, be­deutet Ei­gen­ständigkeit und ei­nen Schritt in eine neue, in vielem noch un­bekan­nte Welt. Gekon­nt spielt Blake in der stren­gen Fron­tal­ität und den über­großen Köpfen mit ein­er kindlich naiv an­mu­ten­den Mal­weise, die im Zusam­men­spiel mit psy­chol­o­gischem Nu­an­cen­reich­tum den frag­ilen Grenzbereich die­s­es men­sch­lichen En­twick­lungs­ab­sch­nitts tr­ef­fend charak­terisiert.

Andy Warhol

Dop­pel-Elvis, 1963

Bildbeschreibung

Andy Warhol löste mit sei­nen Werken die Grenzen zwischen Kunst und Kom­merz auf und griff dabei auf alltägliche Mo­tive der Kon­sumwelt zurück.1962 be­gann er seine Porträtrei­he berühmter Per­sön­lichkeit­en, zu de­nen auch die Ar­beit Two Elvis zählt. Als Vor­lage ver­wen­dete er ein Fo­to aus dem Film „Flam­ing Star“ mit Elvis Pres­ley in sein­er Rolle als Cow­boy. Warhols Porträt zeigt ei­nen un­nah­baren Hel­den der kom­merziellen Welt, mit Hilfe des sil­ber­nen Hin­ter­grunds zur Ikone er­hoben. Bei die­sem glänzen­den Ma­te­rial han­delt es sich je­doch um kein kost­bares Edel­me­t­all, son­dern eine Im­i­ta­tion – eine An­spielung auf die Ober­fläch­lichkeit und die Schat­ten­seit­en der Gla­m­our­welt.

Jack­son Pol­lock

Black and White No. 15, 1951

Bildbeschreibung

Jack­son Pol­lock en­twick­elte ab 1946 eine wilde, spon­tane Mal­weise, ge­nan­nt Ac­tion-paint­ing: Er legte die Lein­wand auf den Bo­den, umkreiste sie und spritzte und tropfte die Farbe von allen Seit­en auf den Mal­grund. Dabei ent­s­tand ein dicht­es Liniengewirr, das wie ein Dic­kicht die Fläche füllte. Diese Bilder haben wed­er ei­nen An­fang noch ein Ende. Num­mer 15 hinge­gen verbin­det ab­s­trakte Farb­spuren mit fig­u­ra­tiv­en An­deu­tun­gen. Hi­er und dort taucht zwischen den sch­warzen Farb­strö­men ein Gesicht oder eine Maske auf, um gleich da­rauf wied­er im Dschun­gel der Linien zu ver­sch­win­den. Pol­lock strebte beim Malen ei­nen trancear­ti­gen Zu­s­tand an: „Wer aus dem Un­be­wußten malt, bringt zwangs­läu­fig Fig­uren her­vor.“

Min­er­va Cue­vas

IUF (In­ter­na­tio­n­al Un­der­s­tand­ing Foun­da­tion), 2016

Bildbeschreibung

Jeff Wall

Wo­m­an and her Doc­tor, 1980-1981

Bildbeschreibung

Was auf den er­sten Blick wie ein Sch­napp­schuss oder ein Stand­bild aus einem Film wirkt, ist in Wahrheit sorgfältig in­sze­niert. Der Ein­satz von Licht, Farbe und De­tails ist Teil der Kom­po­si­tion. Jeff Wall hat mehrere Mo­nate lang daran gear­beit­et; nicht um­sonst bezeich­net man ihn als mal­en­den Fo­to­grafen. Es ist das Un­spek­takuläre, das seine Bilder spek­takulär macht: Der beiläu­fige Mo­ment, die klei­nen Gesten und Blicke. Ver­stärkt durch den Ti­tel Frau und ihr Arzt drän­gen sich mehrdeutige Ge­danken­spiele über die Bezie­hung der zwei Fig­uren auf - Walls Werk erzählt eine Geschichte, deren Ende nur der Be­trachter ken­nt.

Au­gust Macke

Dame in grün­er Jacke, 1913

Bildbeschreibung

Warm und ein­la­dend wirkt die Pro­m­e­nade, auf der el­e­gant gek­lei­de­ten Paare flanieren. Ein flim­mern­des Licht liegt über der Szene, das durch die gel­ben Nu­an­cen der grü­nen Baumkro­nen und die ter­rakot­ta­far­be­nen Schat­tierun­gen des Bo­dens erzeugt. Dame in grün­er Jacke zeigt das Ufer des Thun­er Sees, an den Macke sich 1913/14 für ein paar Mo­nate zurück­zog. Die Fen­ster­bilder des franzö­sischen Maler Robert De­lau­nay, die durch ihre Zer­le­gung der Kom­po­si­tion in reine spek­trale Farbflächen und die Ein­heit von Farbe und Licht, hat­ten ei­nen nach­halti­gen Ein­druck auf Macke aus­geübt, der sich in die­sem Bild äußert. An­ders als bei De­lau­nay, den der Vor­rang der Farbe zu rein ab­s­trak­ten Bildern führte, blieb Mack­es Kunst je­doch dem Ge­gen­s­tand ver­haftet.

Lubai­na Himid

Le Rodeur: The Cabin, 2017

Bildbeschreibung

In einem be­drück­en­den Raum mit Blick auf das graue Meer und ei­nen dun­klen, wolken­be­han­ge­nen Him­mel ste­hen sich zwei sch­warzhäutige Män­n­er ge­genüber. Der eine in weißer Klei­dung bi­etet eine große Torte an, der an­dere in ein­er bun­ten Uni­form macht Musik. Ger­ahmt ist die Dars­tel­lung links und rechts von Or­na­ment­streifen. Das Gemälde ist Teil ein­er größeren Se­rie von Lubai­na Himid. Sie beschäftigt sich in ihr mit dem his­torischen Ereig­nis im Jahr 1819, als auf einem Sklaven­schiff alle Sklav*in­nen an Bord und die Be­satzung an ein­er Au­ge­nentzün­dung erkrank­ten und er­blin­de­ten. Himid bildet in ihrem His­to­riengemälde die Geschichte der Sklaverei nicht ab, son­dern fin­d­et neue Bilder, die der Todes­ge­fahr eine ei­nan­der zuge­wandte, soli­darische Ge­mein­schaft ge­genüber­stellt, ohne die Be­dro­hung aufzulösen.

Ge­orges Braque

La table de Bar Stout, 1912/13

Bildbeschreibung

Ge­orges Braque, der neben Pab­lo Pi­cas­so als ein­er der führen­den Vertreter des Ku­bis­mus gilt, malte das Stil­lleben in ein­er toni­gen Beschränkung auf Blau­grau-, Braun- und Weißab­stu­fun­gen. Der Be­trachter scheint von oben auf ei­nen Holztisch zu blick­en, der den Fond bildet für ein kom­plex­es Ge­füge aus Form- und Schrift­frag­men­ten, die Gläs­er und Flaschen, Mo­biliar, Zei­tun­gen oder den Na­men der Bar Stout the­ma­tisieren. Die Ma­te­rial­ität der dy­namisch in­ei­nan­der ver­flocht­e­nen Ge­gen­s­tand­steile ist zu­gun­sten ein­er stel­len­weise fast trans­par­en­ten An­mu­tung zurückgenom­men, wobei die un­ter­schiedlichen Far­baufträge, von il­lu­sion­is­tisch gegeben­er Holz­maserung bis zu ab­s­trakt ge­set­zten Tex­turen, ein reich nu­anciertes, ger­adezu hap­tisch wirk­en­des Bildge­füge ent­ste­hen lassen.

Pi­et Mon­drian

Tableau I, mit Sch­warz, Rot, Gelb, Blau und Hell­blau, 1921

Bildbeschreibung

Das in Paris ent­s­tan­dene Werk markiert eine neue Phase in der ab­s­trakt-ge­ometrischen Bil­dauf­fas­sung des Kün­stlers. Mon­drian beschränkt sich auf un­ver­mischt aufge­tra­gene Primär­far­ben, die als Akzente in­n­er­halb eines rechtwin­k­lig kon­struierten, asym­metrischen Liniengerüstes er­schei­nen und un­ter­schiedlich viel Raum in­n­er­halb der statischen Bil­dord­nung ein­neh­men. Ob­wohl das Rot zunächst do­minierend wirkt, befin­d­et sich der ge­samte Bil­dauf­bau in ein­er Gleichgewichts­bezie­hung. Die tech­nisch präzise Malerei un­ter­drückt schein­bar jegliche per­sön­liche Hand­schrift; winzige un­regelmäßigkeit­en des ohne Lin­eal geschaf­fe­nen Gemäldes rel­a­tivieren die­sen Ein­druck je­doch. Als Mit­be­grün­der der De-Sti­jl-Be­we­gung strebte Mon­drian durch Konzen­tra­tion auf das Wesentliche nach ein­er uni­versellen Bild­sprache sowie nach aus­ge­wo­ge­nen kom­pos­i­torischen Ver­hält­nis­sen von Flächen und Far­ben. Ziel war die Ges­tal­tung des ge­samten men­sch­lichen Um­feldes nach den Prinzipi­en des Neo­plas­tizis­mus, al­so die Über­tra­gung el­e­men­tar­er Pro­por­tio­nen auf Ar­chitek­tur und Raumges­tal­tung. Darin sollte das Gleichgewicht des Uni­ver­sums eben­so zum Aus­druck kom­men wie die har­monische Ord­nung der Ge­sellschaft.

Wols

Le fan­tôme bleu, 1951

Bildbeschreibung

Der 1951 im Al­ter von nur 38 Jahren ver­s­tor­bene Wols gilt als die große Vater­fig­ur des In­formel der 1950er Jahre. Er kommt An­fang der 1930er Jahre nach Paris, schreibt, zeich­net, mu­siziert und ar­beit­et als Fo­to­graf. Seine frühen Zeich­nun­gen, die teils deut­liche Bezüge zu Paul Klee aufweisen, ste­hen noch un­ter dem Ein­fluss des Sur­re­al­is­mus. Die fili­gra­nen Linienge­bilde ver­lieren je­doch allmäh­lich ihre fan­tastisch beschreibende Funk­tion, um ein un­mit­tel­bar aus der spon­ta­nen Geste der Hand re­sul­tieren­des Ei­gen­leben zu führen. Die Zeich­nung wird zum Seis­mo­gramm in­ner­er Befind­lichkeit und bringt in ve­he­men­ter Nied­er­schrift spon­tane Ge­fühl­s­re­gun­gen zu Pa­pi­er. In den Öl­bildern, die ab 1946 ent­ste­hen, gewin­nen die Aus­druck­sw­erte der Far­ben, ihre spröde oder pas­tose Ma­te­rial­ität an Be­deu­tung. Le fan­tôme bleu (Das blaue Phan­tom) aus dem let­zten Leben­s­jahr des Kün­stlers zeigt eine ins Zen­trum ge­set­zte bio­mor­phe Fig­ur mit au­gen- und füh­lerar­ti­gen At­tributen, deren vage Ges­talthaftigkeit durch die span­nungs­ge­la­dene Far­bge­bung ei­nen hal­luz­i­na­torischen Ein­druck erzeugt.

Yves Klein

An­thro­pome­trie: ANT 130, 1960

Bildbeschreibung

In der Gruppe der Nou­veaux Réal­istes, die er selbst mit­be­grün­det hat, scheint Yves Klein de­platziert, denn Re­al­is­mus war seine Sache nicht. Er strebte erk­lärter­maßen das „Im­ma­terielle“ an, und selbst noch in dem Blau­ton, den er bevorzugte, erkan­nte er das „sicht­bar wer­dende Un­sicht­bare“. Doch traf er sich mit Nou­veaux Réal­istes in der Be­nutzung von Zu­fall­sprinzipi­en. Den Zu­fall besch­wörte er je­doch nicht im All­t­ag, son­dern in fast kul­tischen Zer­e­monien. Nackte Mädchen be­strich er mit sein­er Farbe. Als „lebende Pinsel“ drück­ten sie sich auf Pa­pi­er­bah­nen an der Wand oder auf dem Bo­den. Das Ganze fand vor Pub­likum, oft mit Musik­be­glei­tung, statt. In ein­er Art Wand­lung wird hi­er ein Kör­p­er, seine Kreatür­lichkeit, seine Be­we­gung, zu et­was Flüchtigem, Geistigem – zu einem Ab­druck in zartem Blau.

Ernst Lud­wig Kirch­n­er

Fünf Frauen auf der Straße, 1913

Bildbeschreibung

Mit ihren Fed­er­hüten und ge­fied­erten Kra­gen er­schei­nen die Fünf Frauen auf der Straße wie Vögel. Die „Bord­stein­sch­wal­ben“ oder „Kokot­ten“, wie die Ber­lin­er Straßen­pros­ti­tuierten da­mals ge­nan­nt wur­den, war die di­rekte Kon­tak­tauf­nahme mit den Freiern pol­izeilich un­ter­sagt und so di­ente die auf­fäl­lige Klei­dung als Erken­nungszeichen. Die Frauen ste­hen als Gruppe und bleiben doch isoliert. Die linke Fig­ur schaut als einzige ver­s­tohlen auf das dun­k­le Au­to am Straßen­rand. Ihre vi­er Kol­le­gin­nen dage­gen blick­en nach rechts auf die Schaufen­ster­scheibe rechts, die die begehrten Waren drin­nen und die Pros­ti­tuierten draußen so­wohl tren­nt als auch mitei­nan­der gleich­set­zt. Kirch­n­er fin­d­et eine über­raschende Lö­sung, die ver­tikale Trenn­linie zwischen den bei­den Wel­ten als schroffe Tat­sache ins Bild zu setzen: Die vordere zen­trale Fig­ur ist wie abgesch­nit­ten, ihr Kör­p­er wächst hin­ter ein­er un­sicht­baren Kante, als presste sie sich an eine Scheibe mit­ten auf dem Ge­h­weg, ein Bild für die Un­möglichkeit ein­er Berührung und für un­er­füll­bares Begehren.

Kai Al­thoff

Ohne Ti­tel, 2008

Bildbeschreibung

Die aus­la­dende und zu­gleich fili­grane, sch­miedeeis­erne Skulp­tur scheint aus ein­er an­deren Zeit zu stam­men. Sie zeigt eine Frauen­fig­ur, die ihren Kopf tief hin­abbeugt, während sie die Hände in den Puf­färmeln in den Him­mel reckt. Schuhe, Pum­phose wie auch das stil­isierte Gesicht erin­n­ert an Zeich­nungsstile der Ge­brauchs­gra­fik der 1950er Jahre. We­gen der ex­al­tierten Gestik wirkt die Skulp­tur the­a­tral. Das Per­for­ma­tive kennzeich­net Kai Al­thoffs Werk all­ge­mein, da Musik und The­ater gleich­berechtigt neben Zeich­nung, Malerei, In­s­tal­la­tion und Video ste­hen. Häu­fig kom­biniert Al­thoff die El­e­mente zu Ge­samtkunst­w­erken, die alle Sinne ak­tivieren. Auch die un­betitelte Skulp­tur war Teil ein­er Einze­lauss­tel­lung in Van­cou­ver, in der die Kunst­w­erke wie auf ein­er The­ater­bühne ar­rangiert waren und die Be­such­er*in­nen ein­lu­den, Teil von ihr zu wer­den.

Mark Rothko

Earth and Green, 1955

Bildbeschreibung

Erst im Al­ter von 46 Jahren löste sich Mark Rothko von der ge­gen­ständlichen Malerei und wandte sich der Ab­s­trak­tion zu. Ab 1950 malte er sch­webende, ein­far­bige Flächen, die nur auf die Wirkung der Farbe abziel­ten. In Erd­braun und Grün sind zwei Rechtecke par­al­lel auf einem blauen Hin­ter­grund an­ge­ord­net. Durch ihre ver­sch­womme­nen und ne­bel­haften Ran­dlinien schei­nen die For­men im blauen Raum zu sch­weben und in die­sem bei­na­he zu ver­sch­win­den. Die Au­flö­sung der Farb­struk­tur erzeugt so eine med­i­ta­tive, über­natür­liche Wirkung. Die feh­len­den Spuren des Ent­ste­hungsprozess­es – es ist kein Pinsel­strich erkenn­bar – machen es dem Be­trachter möglich, un­be­fan­gen in die Au­ra des Bildes einzu­tauchen.

Ger­hard Richter

Ema-Akt auf ein­er Treppe, 1966

Bildbeschreibung

Ema - Akt auf ein­er Treppe von 1966 ist das er­ste Bild, für das Ger­hard Richter eine selbst fo­to­gra­fierte Vor­lage ver­wen­dete. Die ma­lerische Trans­for­ma­tion des Fo­tos ver­lei­ht der Frauen­fig­ur eine lichthafte Auss­trah­lung. Durch das Ver­wischen der Farbe - den vi­suellen Ef­fekt der Un­schärfe erzielt der Kün­stler, in­dem er mit trock­en­em Pinsel über die noch nasse Farbe streicht - wird die Dars­tel­lung unbes­timmt ge­hal­ten, wie bei einem un­schar­fen Fo­to, was die Aufmerk­samkeit eher auf die ma­lerischen Mit­tel als auf das Su­jet lenkt. Das Mo­tiv ver­weist auf Mar­cel Duchamps Akt, eine Treppe her­ab­stei­gend von 1912 - ein Gemälde, das Richter sehr schätzt, aber er „kon­nte es nicht akzep­tieren, dass damit ein bes­timmter Akt zu malen erledigt war. Al­so habe ich das Ge­gen­teil ge­macht und ei­nen ‚kon­ven­tionellen‘ Akt ge­malt. Das lief aber sehr un­be­wusst, nicht strate­gisch."

Gil­bert & Ge­orge

Drunk with God, 1983

Bildbeschreibung

Wie auf einem Tableau, auf dem die Größen­ver­hält­nisse ig­nori­ert sind, haben Gil­bert und Ge­orge die far­big über­mal­ten Fo­to­gra­fien ar­rangiert. Der Ti­tel ver­weist auf Bacchus, den Gott des Weins und sex­ueller Potenz. Die Mo­tive und die Kom­po­si­tion ori­en­tieren sich aber nicht an der über­bracht­en Ikono­gra­phie. Vielmehr ve­rar­beit­en Gil­bert und Ge­orge, die in den 1960er Jahren als „lebende Skulp­turen" bekan­nt wur­den, hi­er ihre ei­gene Bild­sprache, die aus langjähriger Zusam­me­nar­beit her vorge­gan­gen ist. Die Kün­stler überneh­men in ihrem Bild­pro­gramm die Rolle von Mittlern und Aufk­lär­ern, um The­men wie Ho­mo­sex­u­al­ität und Dro­gen zu ein­er Öf­fentlichkeit zu ver­helfen. Dahin­ter ste­ht die Überzeu­gung, dass Kunst eine ge­sellschaftliche Auf­gabe hat und, diese wahrneh­mend, Verän­derun­gen an­s­toßen kann.

Maria Lass­nig

Vom Tode gezeich­net, 2011

Bildbeschreibung

Maria Lass­nig ver­fol­gt in ihr­er Malerei die Darstell­barkeit von äußer­er und in­ner­er Re­al­ität, von beobachtetem Kör­p­er und ge­fühl­tem Leib . Aus dies­er Au­sei­nan­derset­zung en­twick­elt sie eine ei­gene Bild­sprache. Sie wird in dem Gemälde „Vom Tode gezeich­net“ neu gewen­det, da die Kün­st­lerin den nicht ver­mit­tel­baren Akt des Ster­bens selbst als The­ma wählt. Sie nimmt das ge­flügelte Wort buch­stäblich, in­dem sie eine nur mit roten Linien um­ris­sene Fig­ur zwischen Geist und tech­nisch­er Ap­para­tur darstellt, die Lass­nigs Porträt zeich­net. Bleibt die grundierte Lein­wand in den Um­ris­sen ste­hen, so ist um die Fig­uren herum alles flam­mend rote Malerei. Lass­nig schuf das Gemälde mit 92 Jahren, drei Jahre vor ihrem Tod. Es ist die scho­nungs­lose Kon­fron­ta­tion des Selbst mit der Endlichkeit des Lebens, die das Gemälde ein­drucksvoll ver­mit­telt.

Otto Dix

Bild­nis Dok­tor Hans Koch, 1921

Bildbeschreibung

Ot­to Dix ist ein­er der großen Porträtis­ten des 20. Jahrhun­derts. Seine Porträt­tech­nik fasziniert nicht nur auf­grund ihr­er mimetischen Dars­tel­lungsweise, er bringt mit ihr auch eine Span­nung zwischen realem Vor­bild und kün­st­lerischem Ab­bild zum Klin­gen.

Dass die Per­spek­tive des Malers auf sein Mod­ell je­doch zu­tiefst sub­jek­tiv ist, lässt sich am Bild­nis des Düs­sel­dor­fer Uro­lo­gen Hans Koch erken­nen: Der Arzt er­scheint in­mit­ten eines mar­tialisch an­mu­ten­den Ap­parates an medizinischen Geräten ger­adezu wie ein Fol­terknecht. In sein­er geschun­de­nen Kör­per­lichkeit wirkt er selbst wie ein Opfer der Möglichkeit­en mod­ern­er Medizin. Sein Blick ent­gleist hin­ter dem Kneifer, tie­frot leuchtet der Sch­miss auf der Wange auf, über sein flie­hen­des Kinn zie­ht sich eine Narbe.

Scho­nungs­los überzeich­nend, zählt Dix zu den Mit­be­grün­dern des veris­tischen Flügels der Neuen Sach­lichkeit. Zur Steigerung des Aus­drucks be­nutzt er nicht nur die Form. Auch die bes­tim­men­den Farbtöne Im Porträt von Dr. Koch – fah­les Ei­er­schalen-beig und rot-braun ver­weisen auf die Fachrich­tung des Dr. Koch, der sich als Urologe mit den wenig ap­petitlichen In­nereien des Men­schen beschäftigt. Dr. Koch war nicht nur Arzt, son­dern auch am­bi­tioniert­er Kun­st­samm­ler und maßge­blich­er Förder­er von Dix.

Sal­va­dor Dalí

La gare de Per­pig­nan (Der Bahn­hof von Per­pig­nan), 1965

Bildbeschreibung

Mar­cel Duchamp

Roue de bi­cy­clette, 1913/1964

Bildbeschreibung

„Ich be­mühe mich, das Ver­traute ins Frem­dartige zurück­zu­versetzen.“ Wirk­lichkeit und Un­wirk­lichkeit ge­hen im Bild von René Magritte eine ir­ri­tierende Verbin­dung ein. Der winzige Voyeur im Vorder­grund lässt die Nackte als Riesin er­schei­nen und kippt damit die Si­t­u­a­tion ins Ab­surde. Im recht­en Teil des Gemäldes ste­ht ein verän­dertes Zi­tat aus Char­les Baude­laires Dich­tung Die Blu­men des Bösen. Fast alle Sur­re­al­is­ten schätzten den franzö­sischen Schrift­steller, der sich wie sie mit den Grenzbereichen von Wirk­lichkeit, Un­wirk­lichkeit und Traum au­sei­nan­derset­zte. Magritte gibt mit seinem Bild ein un­lös­bares Rät­sel auf, das sich zwischen den Polen Dich­tung, Traum, Dom­i­nanz und Erotik aufs­pan­nt.

Max Ernst

Die Jungfrau züchtigt das Je­suskind vor drei Zeu­gen: An­dré Bre­ton, Paul Eluard und dem Maler, 1926

Bildbeschreibung

Pab­lo Pi­cas­so

Ar­le­quin, les mains croisées ( Har­lekin mit ge­fal­teten Hän­den), 1923

Bildbeschreibung

Cle­mens von Wede­mey­er

Big Busi­ness & The Mak­ing of, 2005

Bildbeschreibung

Max Beck­mann

Selb­st­bild­nis mit sch­warz­er Kappe / Gilles, 1934

Bildbeschreibung

Guer­ril­la Girls

Do Wo­m­en have to be Naked to Get In­to the Met Mu­se­um? (Müssen Frauen nackt sein, um ins Met [Metropol­i­tan Mu­se­um of Art, New York] zu kom­men?), 1989

Bildbeschreibung

Kasimir Male­witsch

Supre­ma­tis­tische Kom­po­si­tion, 1915

Bildbeschreibung

Ed­ward Kien­holz

The Portable War Me­mo­rial, 1968

Bildbeschreibung

In­spiri­ert wurde Ed­ward Kien­holz zu dies­er Ar­beit durch die Rück­gabe der Insel Iwo Ji­ma an Ja­pan, die 1945 von Ameri­ka er­obert wor­den war. Die Sol­dat­en­gruppe ge­ht auf ein preis­gekröntes Presse­fo­to zurück, das ein Jour­nal­ist nach der Er­oberung der Insel ges­chossen hatte. Ob­wohl das Fo­to gestellt war, di­ente das Mo­tiv für Brief­marken, Plakate und ein berühmtes Kriegs­denk­mal in der Nähe von Wash­ing­ton. Me­t­all­griffe an der Platte, auf der die kopflose Sol­dat­en­gruppe von Kien­holz ste­ht, ver­weisen auf den Ti­tel: Trag­bares Kriegs­denk­mal. Denk­mäler er­schei­nen damit eben­so aus­tausch­bar wie die mit Kreide verzeich­neten 475 Län­der, die es ein­mal rund um den Globus gegeben hat. Kriege haben die Grenzen neu ge­zo­gen. Ganz links verkör­pert die Dame in der Tonne die Sch­lager­sän­gerin Kate Smith, die 1938 mit Ihrem Song „God Bless Amer­i­ca“ berühmt wurde. Daneben hängt das Mo­bil­machungs­plakat des Un­cle Sam mit dem 1917 Sol­dat­en ange­wor­ben wur­den. Rechts ge­ht der All­t­ag wie ge­woh­nt weit­er, nur ein klein­er ver­bran­n­ter Tarzan ganz un­ten am recht­en Grab­stein erin­n­ert an die ato­mare Be­dro­hung, die den All­t­ag über­schat­tet.

Pab­lo Pi­cas­so

La femme à l’ar­tichaut (Frau mit Ar­tis­chocke), 1941

Bildbeschreibung

Can­di­da Höfer

aus der Se­rie "Türken in Deutsch­land", 1973-1978

Bildbeschreibung

Pau­la Mod­er­sohn-Beck­er

Selb­st­bild­nis vor blau­grauem Grund, 1906

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Na­tal­ja Gontscharowa

Stil­lleben mit Tiger­fell, 1908

Bildbeschreibung

Na­tal­ja Gon­tascharowa ge­hörte zu den vielen Kün­st­lerin­nen, die die rus­sische Avant­garde vor über 100 Jahren mit be­grün­det haben. Sie in­teressierte sich für die mod­er­nen En­twick­lun­gen in der Kunst im West­en, für die bäuer­liche Volk­skunst in Russ­land, und für die Kul­tur in Asien. Auf ihrem frühen stark­far­bigem Stil­lleben von 1908 lie­gen Bilder un­ter­schiedlich­ster Herkunft dicht drapiert und bei­nah den Rah­men spren­gend auf einem grü­nen So­fa mit rot­er Decke: eine ja­panische Kabu­ki-Szene, eine an­tike Grable­gung, eine christliche Dars­tel­lung und ein Tiger­fell. Diese so un­ter­schiedlichen Bilder im Bild sind ein Teil des kul­turellen Fun­da­ments, auf dem Gontscharowa zusam­men mit an­deren die neue Avant­garde auf­baut, eine Kunst, die nicht nur Gemälde her­vor­bringt, son­dern in alle kul­turellen Gat­tun­gen hinein­wirkt, und let­z­tendlich auch in die Ge­sellschaft.