Die Sammlung des Museum Ludwig
Die umfangreichste Pop-Art-Kollektion Europas, die drittgrößte Picasso-Sammlung der Welt, eine der bedeutendsten Sammlungen zum deutschen Expressionismus, herausragende Werke der russischen Avantgarde und eine exzellente Sammlung zur Geschichte der Fotografie: Das Museum Ludwig besitzt heute eine der wichtigsten Sammlungen von Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts weltweit. Und dies verdankt es, anders als höfische Sammlungen, dem außergewöhnlichen Engagement der Bürgerschaft. Das Fundament für die Museumsgründung legte das Stifter*inpaar Peter und Irene Ludwig 1976 mit der Schenkung von 350 Werken moderner Kunst an die Stadt Köln.
Die Sammlung Haubrich – Klassische Moderne und Expressionismus
Als Josef Haubrich der Stadt Köln unmittelbar nach Ende des 2. Weltkriegs, im Jahr 1946 seine Kunstsammlung übergab, schien es den Kölner*innen wie eine Botschaft aus einer besseren Welt. Längst verloren geglaubte Bilder von deutschen Expressionist*innen und anderen Vertreter*innen der Klassischen Moderne, die im Krieg verfolgt wurden und als „entartet“ galten, gehörten plötzlich den Bürger*innen der Stadt. Dass er damit den Grundstein für die Sammlung des Museum Ludwig legen sollte – und damit für eines der bedeutendsten Museen für moderne und zeitgenössische Kunst in Europa – lag noch in ferner Zukunft.
Die Schenkung des Kölner Juristen befindet sich heute unter dem Namen Sammlung Haubrich im Museum Ludwig. Hier trifft man auf zentrale Werke des Expressionismus und der Neuen Sachlichkeit, darunter Glanzstücke wie das Porträt des Doktor Hans Koch von Otto Dix (1921) oder der Halbakt mit Hut von Ernst Ludwig Kirchner (1911), Werke von Max Beckmann, Marc Chagall, Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff, August Macke, Heinrich Hoerle, Wilhelm Lehmbruck oder Paula Modersohn-Becker.
Eine Pop Art-Sammlung für Köln – die Gründung des Museum Ludwig
Genau 30 Jahre später sorgte eine weitere spektakuläre Schenkung an die Stadt Köln für Aufsehen und führte nicht zuletzt zur Gründung des Museum Ludwig als eigenständige Institution: 1976 schenkte das Sammlerpaar Peter und Irene Ludwig der Stadt seine einzigartige Sammlung von Kunst der 1960er und 1970er Jahre mit zahlreichen Meisterwerken amerikanischer Pop Art, unter der Prämisse, dass die Stadt der neuen Sammlung ein eigenes Haus baut. So wurde 1986 das von den Architekten Peter Busmann und Godfried Haberer geplante Gebäude zwischen Dom, Rhein und Hauptbahnhof eröffnet. (Mehr zur Geschichte des Museum Ludwig)
Peter und Irene Ludwig begeisterten sich schon Mitte der 1960er Jahre für die amerikanische Pop Art, die damals in Deutschland noch eher unbekannt und revolutionär war und erst mit der documenta 4 in Kassel die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich zog. Neben Roy Lichtensteins berühmter Blondine M-Maybe – A Girl’s Picture (1965) oder Claes Oldenburgs Soft Washstand aus demselben Jahr gelangte auch Tom Wesselmanns Great American Nude No. 98 (1967) von der documenta in die Sammlung der Ludwigs.
Heute gilt die Sammlung amerikanischer Pop Art des Museum Ludwig als größte außerhalb der USA. Neben den Genannten gehören zahlreiche Hauptwerke von Roy Lichtenstein, Andy Warhol, Claes Oldenburg, James Rosenquist, Robert Rauschenberg und Jasper Johns fest zur Sammlung des Hauses.
Pablo Picasso
Die Sammlung des Museum Ludwig lässt sich nicht hinreichend beschreiben, ohne auf die Werke des Jahrhundert-Künstlers Pablo Picasso einzugehen, die sie beherbergt. Dank dreier Schenkungen von Peter und Irene Ludwig hat Köln heute die drittgrößte Picasso-Sammlung nach Paris und Barcelona. Darunter sind nicht nur Gemälde aus allen Schaffensphasen wie der Harlekin (1923) oder die Frau mit Artischocke (1941), sondern auch zahlreiche Keramiken und Skulpturen, wie die Originalgipse der Frau mit Kinderwagen (1950) oder des monumentalen Kopfes Dora Maars (1941).
Dass Picasso zeit seines Lebens der Zeichnung und der Druckgrafik einen sehr großen Stellenwert in seinem Werk beigemessen hat, zeigt sich auch in der Sammlung des Museum Ludwig: Es besitzt als einzige öffentliche Institution alle drei großen druckgrafischen Zyklen des Meisters, die Suite Vollard (1930-37), Suite 345 (1968) und Suite 156 (1970-71) – neben zahlreichen weiteren grafischen Werke.
Kasymiyr Malewytsch, Ljubov Popova, Alexandra Exter ...
Seit den späten 1970er Jahren haben Peter und Irene Ludwig Kunst gekauft, die früher als Russische Avantgarde galt: Werke des Kubofuturismus, des Suprematismus oder des Konstruktivismus. Sie gelangten 2011 als Schenkung ins Museum Ludwig und machen heute eine der größten Sammlungen im Westen aus. Die Bilder sind Form- und Farbexperimente, Auflösungen der konventionellen Realität. Sie sind in Moskau, St. Petersburg, Kyjiw und Charkiw entstanden und spiegeln die Umbruchzeit von 1905-1930. Künstler*innen wie Natalia Gontscharowa, Michail Larionow, Alexander Rodschenko oder Kasymiyr Malewytsch glaubten an die Utopie einer Kunst, die im Dienst einer klassenlosen Gesellschaft stehen sollte. Ihre innovativen Werke zwischen Folklore und Abstraktion haben auf die Kunst bis in die Gegenwart großen Einfluss.
Der Begriff “Russische Avantgarde”, der im Westen etabliert wurde, vernachlässigt Identitäten und Traditionen von Künstler*innen, die sich als Angehörige von Gebieten identifizierten, die heute (und teilweise auch damals) unabhängige Staaten darstellten. Insbesondere in der Ukraine gab es nach dem bolschewistischen Sieg über das Land in den 1920er Jahren starke Autonomiebestrebungen. Künstler*innen wie Alexandra Exter, Kasymiyr Malewytsch, Oleksandr Bohomazow oder Wasyl Jermilow sind wie viele andere auch in Künstler*innenkreise eingebunden, die über Grenzen hinausreichen; ihre ukrainische Herkunft spielt aber im Werk sowie im persönlichen Leben immer wieder eine Rolle. Sie standen am Anfang einer ukrainischen Tradition der bildenden Kunst und gründeten Schulen in Kyjiw, Charkiw und Odesa.
Abstrakte Tendenzen
Mark Rothkos leuchtend meditative Farbfelder, die grafischen Musterbilder von Frank Stella, Jackson Pollocks berühmte Drip-Paintings oder die reduzierten bunten Farbstreifen von Morris Louis sind nur Beispiele für die bedeutende Sammlung abstrakter Tendenzen aus den 1960er Jahren im Museum Ludwig. Dass diese sich nicht nur auf Gemälde beschränkt, zeigen die Werke von Minimal- und Konzeptkünstler*innen wie Donald Judd, Carl André und Eva Hesse oder die abstrakten Skulpturen von David Smith.
Die Sammlung des Museum Ludwig spiegelt außerdem frühere abstrakte Tendenzen der 1950er und 1960er Jahre aus Europa, etwa von Jean Dubuffet, Lucio Fontana, Pierre Soulages, Wols oder Hans Hartung. Künstler des deutschen Informel, wie K. O. Götz oder Bernard Schultze, dessen Nachlass das Museum Ludwig seit 2005 bewahrt, sind ebenfalls vertreten.
Mit dem umfangreichsten Bestand an Arbeiten von Ernst Wilhelm Nay in einem Museum überhaupt, ist in der Sammlung des Museum Ludwig zudem ein wichtiger Werkkomplex abstrakter Malerei und Zeichnung vorhanden, der sich von der klassischen Moderne aus bis zur Nachkriegszeit entfaltet.
Kunst aus dem Rheinland
Die Kunstgeschichte des Rheinlands ist mit kapitalen Werken von Joseph Beuys, Andreas Gursky, Jörg Immendorff, Candida Höfer, Martin Kippenberger, Sigmar Polke, Gerhard Richter oder Rosemarie Trockel vertreten.
Die Grafische Sammlung
Die Grafische Sammlung des Museum Ludwig umfasst rund 3.000 Zeichnungen und fast 10.000 Druckgrafiken. Ein Schwerpunkt liegt auf dem Expressionismus, ein weiterer auf Arbeiten Picassos: Neben einer großen Zahl von Zeichnungen besitzt das Museum Ludwig sämtliche druckgrafischen Suiten.
Die Sammlung wird durch Ankäufe und Schenkungen ständig erweitert und in die Gegenwart geführt. Zum Bestand gehören inzwischen die vollständigen Editionen von Marcel Broodthaers, Sigmar Polke und Lucy McKenzie und den Guerrilla Girls sowie repräsentative Arbeiten von Andrea Büttner, Miriam Cahn, Sister Corita, Lubaina Himid und vielen anderen.
Kunstströmungen und Medien des 20. Jahrhunderts
Neben diesen Schwerpunkten bietet das Museum Ludwig einen Überblick über die wichtigsten Kunstströmungen und Medien des 20. Jahrhunderts.
Die Sammlung umfasst Werke des abstrakten Expressionismus von Mark Rothko, Frank Stella, Jackson Pollock, Minimal- und Konzeptkünstlern wie Donald Judd, Carl Andre, Eva Hesse, europäische Tendenzen der 1950er- und 1960er-Jahre u.a. von Jean Dubuffet, Lucio Fontana, Pierre Soulages, Wols, Hans Hartung sowie Film- und Videokunst, Installationen und performative Arbeiten der letzten Jahrzehnte. Die Kunstgeschichte des Rheinlands ist mit kapitalen Werken von Gerhard Richter, Sigmar Polke, Rosemarie Trockel oder Martin Kippenberger vertreten.
Sammlung Fotografie
Das Museum Ludwig beherbergt mit rund 70.000 Werken eine bedeutende und umfangreiche Sammlung zur Fotografie von den Anfängen bis in die Gegenwart und gehört zu den ersten Museen moderner und zeitgenössischer Kunst, die der Fotografie eine eigene Sammlung widmeten. 1977 wurde sie gegründet. (Mehr zur Sammlung Fotografie des Museum Ludwig).
Zur Sammlung Fotografie zählen frühe Daguerreotypien, bedeutende künstlerische Fotografien vom 19. bis ins 21. Jahrhundert, Alben und Mappenwerke, aber auch umfangreiche Materialien zur Kulturgeschichte des Mediums. Auch hier waren es private Sammler*innen, die 1977 den Grundstein für die Sammlung Fotografie legten, mit Ankäufen und Schenkungen aus der Sammlung von L. Fritz und Renate Gruber, die beste Kontakte zu Fotograf*innen im In- und Ausland pflegten.
Die Sammlung ist in den letzten Jahrzehnten durch Ankäufe und Schenkungen von Arbeiten von Jeff Wall, Thomas Ruff, Wolfgang Tillmans oder Sherrie Levine, um nur einige wenige zu nennen, bis in die Gegenwart fortgeführt worden.
Die Sammlung heute
Weniger bekannt, aber dennoch für das Profil des Museum Ludwig wichtig, sind die Arbeiten von Künstler*innen aus Afrika, Asien und Lateinamerika wie Xu Bing, Kcho, Cai Guo-Qiang, Haegue Yang, Teresa Burga, Bodys Isek Kingelez und Georges Adéagbo, um nur einige zu nennen. Diese globale Ausrichtung der Sammlung wird in Zukunft noch mehr an Bedeutung gewinnen.
Der Bereich zeitgenössische Kunst erstreckt sich bis in die Gegenwart. Er wird stetig durch Neuankäufe und Schenkungen erweitert, zuletzt durch Werke von Minerva Cuevas, Diango Hernández, Anne Imhof, Oscar Murillo, Avery Singer, Nil Yalter und Heimo Zobernig. Denn eine Sammlung ist nie abgeschlossen.
Die Sammlung online
Über diesen Link erreichen Sie unsere Sammlung online: www.museum-ludwig.kulturelles-erbe-koeln.de