Nil Yalter
Exile Is a Hard Job

9. März – 2. Ju­ni 2019

Eröff­nung: Fre­i­tag, 8. März 2019, 19 Uhr

Seit den 1970er Jahren ar­beit­et Nil Yal­ter als Pi­onierin ein­er ge­sellschaftlich en­gagierten und tech­nisch avancierten Kunst. Als eine der er­sten Kün­st­lerin­nen in Frankreich nutzt sie das neu aufk­om­mende Medi­um Video. Nil Yal­ter ist 1938 in Kairo ge­boren, aufgewach­sen in Is­tan­bul und seit 1965 wohn­haft in Paris. Mit der er­sten Über­blick­sausstel­lung der Kün­st­lerin in Deutsch­land präsen­tiert das Mu­se­um Lud­wig die Viel­falt ihres Schaf­fens: darun­ter bis­lang kaum bekan­nte Gemälde aus ihrem Früh­w­erk sowie Videoin­s­tal­la­tio­nen der frühen 1970er Jahre bis hin zu Mul­ti­me­dia-In­s­tal­la­tio­nen, in de­nen sie Fo­to­gra­fie, Video, Zeich­nun­gen und Skulp­tur zu Col­la­gen verbin­det. Die Ausstel­lung zeich­net den Weg ihr­er en­gagierten Äs­thetik nach.

Nil Yal­ters Werke ent­ste­hen aus aktuellen poli­tischen Si­t­u­a­tio­nen wie der Verurteilung zum Tode eines türkischen Ak­tivis­ten, dem All­t­ag in einem Frauenge­fäng­nis oder der Lebens­si­t­u­a­tion anal­pha­betisch­er „Gas­tar­beit­er*in­nen“. Sprache spielt für Nil Yal­ter eine wichtige Rolle, eben­so wie kul­turelle Ein­flüsse aus dem Na­hen Os­ten, der Türkei und Wes­teu­ro­pa. Sen­si­bel in­te­gri­ert sie die Stim­men der­jeni­gen, die sie in ihren Ar­beit­en porträtiert. Mit quasi-an­thro­pol­o­gisch­er Methodik spiegelt sie die Lebens­si­t­u­a­tion der Dargestell­ten und macht margi­nal­isierte Per­so­n­en­grup­pen sicht­bar. Schon in den 1970er Jahren beschäftigte sich die Kün­st­lerin mit femi­n­is­tischen Fragestel­lun­gen, in die auch mi­gran­tische und queere Per­spek­tiv­en mite­in­fließen. Hi­er­durch er­scheint ihr Werk heute aktueller denn je.

Für ihre Ausstel­lung im Mu­se­um Lud­wig wird die Posterserie Ex­ile Is a Hard Job / Walls im Stad­traum von Köln fort­ge­führt. Die tape­te­nartig an­ge­ord­neten Zeich­nun­gen und Fo­tos von türkischen Ein­wan­der­ern aus ihr­er Ar­beit Turk­ish Im­mi­grants von 1977 wer­den ohne Au­torisierung in ver­schie­de­nen Stadtvierteln aufge­hängt. Den Slo­gan „Ex­il ist harte Ar­beit“ schreiben die Kün­st­lerin oder die Be­woh­n­er*in­nen auf die Poster, in der Sprache, die im jew­eili­gen Vier­tel vor­rangig ge­sprochen wird: Deutsch, Türkisch, Ara­bisch, Rus­sisch, Pol­nisch. Die Ar­beit ist von und für Mi­grant*in­nen, deren Ex­is­tenz gleichzeitig so of­fen­sichtlich und doch ab­we­send ist.

Als Pan­tomime-Kün­st­lerin reiste Nil Yal­ter von 1956 bis 1958 in den Iran, nach Pak­is­tan und In­di­en. Von 1963–1964 ar­beit­ete sie als Büh­nen­bilderin und Kostümde­signerin an di­versen The­atern in Is­tan­bul und konzen­tri­erte sich zuneh­mend auf die Malerei. 1965 ging sie nach Paris, wo sie bis heute lebt und ar­beit­et. Ihre er­ste Einze­lausstel­lung hatte sie 1973 im Musée d’Art Mod­erne de la Ville de Paris. Ent­lang eth­nol­o­gisch­er und sozi­ol­o­gisch­er Fragestel­lun­gen un­ter­suchte die Kün­st­lerin die Po­si­tion der Frau in der turk­menischen No­ma­denge­sellschaft. Be­glei­t­end zu To­pak Ev, einem ei­gens nachge­baut­en Zelt, schuf sie Wandtafeln mit Zeich­nun­gen und Fo­tokopi­en von Fo­tos und Tex­ten, die das Leben der No­mad*in­nen wider­spiegeln. Mit ihr­er femi­n­is­tischen Videoar­beit The Head­less Wo­m­an or The Bel­ly Dance war sie 1974 in der er­sten in­ter­na­tio­nalen Ausstel­lung zur Videokunst in Frankreich vertreten und trat als Pi­onierin der franzö­sischen Videop­er­for­mance her­vor.

Ihr Werk wurde in den let­zten Jahren wied­er­ent­deckt. Sie war beteiligt an der Wan­der­ausstel­lung Wack! Art and the Femi­n­ist Rev­o­lu­tion, die u.a. im MO­CA, The Mu­se­um of Con­tem­po­rary Art, Los An­ge­les sowie im Mo­MA PS1, New York (2008) gezeigt wurde. Es fol­gten weitere Einze­lausstel­lun­gen un­ter an­derem im FRAC Lor­raine in Metz (2016) sowie im Arter – Space for Art in Is­tan­bul (2016).

Ku­ra­torin: Ri­ta Ker­st­ing

Ver­mittlung

Neben öf­fentlichen Führun­gen auf Deutsch und Türkisch sowie ein­er weit­eren auf Kur­disch, liegt für den Ausstel­lungs­rund­gang ein Be­glei­theft und die Überset­zun­gen der Text­pas­sa­gen (dt., en­gl., türk.) für Be­such­er*in­nen bere­it.

Je­den Son­n­tag von 13 bis 15 Uhr beant­worten die Studieren­den der kunst:dialoge Fra­gen und ste­hen für Ge­spräche und Denkan­stöße zu den Ar­beit­en von Nil Yal­ter bere­it.

An die Ausstel­lung angeschlossen gibt es ei­nen Be­such­er*in­nen­raum zum Pausieren aber auch zum Recherchieren. Aus einem Mo­dul­sys­tem lassen sich nach ei­ge­nen Bedürfnis­sen Tische, Bänke und Re­gale stellen. Es lie­gen Büch­er, Mag­azine und Broschüren zu den in der Ausstel­lung zen­tralen The­men (wie Femi­n­is­mus, Mi­gra­tion, Ar­beit) aus. Außer­dem kön­nen Be­such­er*in­nen an ein­er Plakat­s­ta­tion ihr ei­genes Ex­em­plar der Poster Ex­il Is a Hard Job beschriften und mit­neh­men.

#S­PEAKUPML – Calling all Spo­ken Word Artists!

Im Rah­men von Ex­ile Is a Hard Job la­den wir er­st­ma­lig eine Gruppe Lit­er­at*in­nen ins Mu­se­um Lud­wig ein, die sich mit Ihr­er Sicht auf die The­men Mi­gra­tion, Femi­n­is­mus und Re­pres­sion Ge­hör ver­schaf­fen möchte. Un­ter dem Mot­to kon­n­ten sich Spo­ken Word Artists bis zum 7. April 2019 be­wer­ben, um beim #S­PEAKUPML mitzu­machen.

Alle In­fos und die Ausschrei­bung fin­d­en Sie hi­er.

Nil Yal­ter. Ex­ile Is a Hard Job ist eine Ausstel­lung des Mu­se­um Lud­wig in Ko­op­er­a­tion mit dem Cen­ter for Cu­ra­to­rial Studies, Hes­sel Mu­se­um of Art, Bard Col­lege, An­nan­dale-on-Hud­son, New York.

Die Ausstel­lung wird großzügig ge­fördert von

Sowie der Rudolf Augstein Stiftung.
Danke an Lonti Ebers.

#M­LxNilYal­ter