Robert Adams, Aus: Our Lives and Our Children, 1981, Silbergelatine, 74-teilig, Je 31,50 x 22,50 cm, Museum Ludwig © Robert Adams
  • Un­beugsam und unge­bändigt

    Doku­men­tarische Fo­to­gra­fie um 1979: Wie sa­hen Fo­to­grafen ihre Umge­bung zu Zeit­en globaler Krisen?

Unbeugsam und ungebändigt-
Dokumentarische Fotografie um 1979

28. Ju­ni bis 16. Novem­ber 2014

In Zeit­en um­fassen­der ge­sellschaftlich­er Um­brüche wird die Fo­to­gra­fie zu einem wichti­gen Medi­um. Denn als Ab­bild der Wirk­lichkeit be­sitzt sie eine un­mit­tel­bare Wirkung, die der Fo­tothe­o­retik­er Ro­land Barth­es in sein­er 1979 er­schiene­nen Schrift 'Die Helle Kam­mer' unge­bändigt nan­nte. Es ist dies­er di­rekte Re­al­itäts­bezug, „das Erwachen der un­beugsa­men Re­al­ität“, der das Doku­men­tarische als kün­st­lerische Hal­tung in Um­bruch­szeit­en be­deut­sam macht.

Das gilt zum Beispiel für die Jahre um 1979 – der Be­ginn der so­ge­nan­n­ten Krisen­jahrzeh­nte, deren Auswirkun­gen die weltweit­en ökonomischen und poli­tischen Ver­hält­nisse bis heute prä­gen. Die Kün­stler und Fo­to­grafen beobachteten und doku­men­tierten den globalen Wan­del über län­gere Zeiträume in der Regel dort, wo sie lebten. Zum Teil ent­s­tan­den große Fo­tokon­vo­lute. Da­her ste­ht in der Ausstel­lung nicht das Einzel­bild, son­dern die Se­rie im Mit­telpunkt.

Die Ausstel­lung präsen­tiert Fo­to­se­rien von 13 Fo­to­grafen und Kün­stlern aus der Samm­lung des Mu­se­um Lud­wig, er­weit­ert um Lei­h­gaben, die ex­em­plarisch die Samm­lung ergänzen. Hierun­ter befin­d­en sich Ar­beit­en von Robert Adams, Derek Ben­nett, Joachim Brohm, David Gold­blatt Can­di­da Höfer, Miyako Ishi­uchi, San­ja Ivekovic, Ute Klophaus, Karl C Kugel, Boris Mikhailov, Gabriele und Hel­mut Noth­helfer, Tho­mas Ruff und Raghu­bir Singh.

Die doku­men­tarische Hal­tung ist nicht in den Fo­to­gra­fien allein, son­dern auch in ihrem Ge­brauch zu ent­deck­en. Fünf Fra­gen wer­den da­her in der Ausstel­lung an jede Fo­to­serie gerichtet: Wer hat die Auf­nah­men ge­macht, wann und wo, in wessen Auf­trag, an wen sind sie adressiert, wo und wie wur­den sie er­st­mals veröf­fentlicht? Und welche Möglichkeit­en der An­näherung an Fo­to­gra­fie kön­nen in der Ge­gen­wart bes­timmt wer­den?

Der Ti­tel der Ausstel­lung ge­ht zurück auf Ro­land Barth­es Schrift Die helle Kam­mer von 1979. Hi­er un­ter­schied Barth­es zwei Um­gangsweisen mit der Fo­to­gra­fie – ihre Zäh­mung durch äs­thetische Kat­e­gorien wie Au­torschaft, Oeu­vre und Genre oder das Zu­lassen ihr­er Ver­rück­theit, das in dem „Erwachen der un­beugsa­men Re­al­ität“ in der Fo­to­gra­fie be­grün­det liege. Et­wa zwanzig Jahre später zeigten die doc­u­men­ta X und doc­u­men­ta 11 1997 und 2002, dass die zwei­fache Be­trach­tung der Fo­to­gra­fie als Kunst und als Ab­bild der Wirk­lichkeit sich nicht wider­sprechen muss. Im Ge­gen­teil – nach Ok­wui En­we­zor ist ger­ade die Fo­to­gra­fie als Doku­ment dazu in der Lage, Äs­thetik und Ethik in ein neues Ver­hält­nis zuei­nan­der zu setzen. Heute – 35 Jahre nach Er­schei­nen von Barth­es’ Es­say Die helle Kam­mer – zeigt die Ausstel­lung Un­beugsam und unge­bändigt doku­men­tarische Fo­to­gra­fien, die um 1979 ent­s­tan­den sind, um sie auf ihre äs­thetischen und ethischen, per­for­ma­tiv­en und poli­tischen Bezüge zur „un­beugsa­men Re­al­ität“ hin zu be­fra­gen.

Ku­ra­torin: Bar­bara En­gel­bach

Mit Un­ter­stützung von
Logo: Peter und Irene Ludwig Stiftung
Von der Pro­fes­sio­n­al's Choice der Pho­to­szene emp­fohlen!