Andrea Fraser, Projection, 2008, Courtesy: Andrea Fraser und Galerie Nagel Draxler, Köln/Berlin
Andrea Fraser, Projection, 2008, Courtesy: Andrea Fraser und Galerie Nagel Draxler, Köln/Berlin

Andrea Fraser

21. April bis 21. Juli 2013

In An­drea Frasers chore­o­gra­fierten Per­for­mances bleibt nichts dem Zu­fall über­lassen: Die amerikanische Kün­st­lerin (*1965 in Billings, Mon­ta­na) und Preisträgerin des Wolf­gang-Hahn-Preis­es 2013, wid­met sich ex­is­ten­tiellen und ge­sellschaftlichen Fragestel­lun­gen mit präzisen, oft auch hu­mor­vollen Anal­y­sen und set­zt sich dabei auch im­mer wied­er kri­tisch mit dem Kun­st­be­trieb und sei­nen Ak­teuren au­sei­nan­der. Seit den 80er Jahren, als sie durch ihre in Ga­le­rien und Museen aufge­führten Gallery Talks Bekan­n­theit er­langte, hin­ter­fragt sie dabei auch grund­sät­zlich das Mu­se­um als In­sti­tu­tion in Per­for­mances, Videos und Tex­ten. Welche Kün­stler­bilder und -mythen bes­tim­men unsere Vorstel­lun­gen? Welch­es sind die Mo­ti­va­tio­nen von Samm­lern, Kunst zu kaufen oder zu stiften? Wie sind öf­fentliche Samm­lun­gen ent­s­tan­den, was erzählen sie und ihre Ge­bäude über das bürg­er­liche En­gage­ment in den Städten? Wie kann das Wech­selver­hält­nis dies­er Ak­teure auf dem Kun­st­feld beschrieben wer­den?

2001 führte Fras­er Kunst muss hän­gen auf, eine Per­for­mance, für die sie eine Ste­greifrede von Martin Kip­pen­berg­er an­läss­lich ein­er Ausstel­lungseröff­nung von Michel Würth­le - dem Be­sitz­er der Paris-Bar in Ber­lin - mit Hilfe ein­er Video­doku­men­ta­tion einübte. Sie im­i­tierte nicht nur die Kör­per­sprache von Martin Kip­pen­berg­er, son­dern führte die Rede in ein­er Sprache auf, die sie nicht be­herrscht. Das Video der Per­for­mance of­fen­bart die Selb­stin­sze­nierung und die Ab­gren­zungss­trate­gien des Kün­stlers im 20. Jahrhun­dert.Auch die Per­for­mance Of­fi­cial Wel­come aus dem gleichen Jahr ist eine ge­naue Anal­yse der Riten und Um­gangs­for­men in der Kunst­welt. Fras­er mon­tiert Satzfrag­mente aus Re­den von bekan­n­ten Kün­stlerkol­le­gen, Ga­leris­ten, Ku­ra­toren und Kri­tik­ern zu ein­er neuen Rede, in der die jew­eili­gen Rol­len­wech­sel durch die the­a­tralen Fähigkeit­en der Per­formerin sicht­bar wer­den.

In den let­zten Jahren, und be­son­ders seit den großen Fi­nanzkrisen und deren Auswirkun­gen hat An­drea Fras­er ihre ei­gene Ar­beit und die In­sti­tu­tion­skri­tik als solche in vielen wichti­gen Auf­sätzen ein­er Re­vi­sion un­ter­zo­gen und dabei auf Meth­o­d­en aus Sozi­olo­gie, Psy­cho­a­nal­yse und Wirtschaftswis­sen­schaften zurück­ge­grif­f­en.So be­s­tand auch ihr kün­st­lerisch­er Bei­trag für die Whit­ney Bien­nal 2012 aus einem Auf­satz über die sub­tilen Ver­leug­nungs-Strate­gien der Kunst­welt in Zeit­en von Fi­nanzkrise und Oc­cu­py-Be­we­gung, in dem sie ihren per­sön­lichen Kon­f­likt als Kün­st­lerin dar­legt, die sich auf der ei­nen Seite in­sti­tu­tion­skri­tisch über die Wider­sprüche des Kun­st­markts mit sei­nen mil­lio­nen­sch­w­eren Samm­lern und Kunst-In­ve­s­toren äußert und gleichzeitig eng mit je­nen Museen und In­sti­tu­tio­nen ver­bun­den ist, die auf das (fi­nanzielle) En­gage­ment dies­er Samm­ler und In­ve­s­toren heutzu­tage nicht verzicht­en kön­nen.

Nach Frasers let­zter Über­blick­sausstel­lung in Eu­ro­pa im Jahr 2003 im Ham­burg­er Kun­stverein wird die große Ausstel­lung im Mu­se­um Lud­wig diese kri­tische Neuaus­rich­tung der Kün­st­lerin auf­greifen. Frasers frühe Ar­beit­en wer­den eben­so doku­men­tiert sein wie ihre Ak­tu­al­isierun­gen in neuen Ar­beit­en beleuchtet wer­den. Darüber hi­naus wird die Ausstel­lung das Au­gen­merk auf An­drea Fras­er als Per­formerin le­g­en. Sie wird ihre jüng­ste abend­fül­lende Per­for­mance Men on the Line, die 2012 in Los An­ge­les Pre­miere hatte, er­st­mals in Eu­ro­pa auf­führen. Für die­s­es Werk hat An­drea Fras­er eine Ra­dio-Talk­show des in Los An­ge­les basierten Ra­dio-Sen­ders KPFK von 1972 recherchiert und tran­skri­biert, in dem sich vi­er Män­n­er über ihr En­gage­ment für Femi­n­is­mus un­ter­hal­ten und ihre Mo­ti­va­tion dafür zum Aus­druck brin­gen. In ihr­er Per­for­mance im­i­tiert An­drea Fras­er alle vi­er Män­n­er - in­k­lu­sive jedes Zögerns in der Stimme, jed­er Sprech­pause - und schafft damit eine ein­dringliche In­ter­pre­ta­tion eines Stücks Zeit- und Gesch­lechtergeschichte.Zu­dem wird An­drea Fras­er eine äl­tere Per­for­mances im Rah­men der Eröff­nung selbst auf­führen. May I Help You von 1991 wird darüber­hi­naus für die Be­such­er während der Ausstel­lung von Schaus­piel­ern in der Samm­lung des Mu­se­ums re-in­sze­niert.

Zur Ausstel­lung er­scheint ein Ka­t­a­log in deutsch­er und en­glisch­er Sprache, der eine Rei­he von An­drea Frasers jün­geren Tex­ten sowie Beiträge von Bar­bara En­gel­bach und Gregg Bor­dowitz en­thal­ten wird.

Ku­ra­torin der Ausstel­lung: Bar­bara En­gel­bach­Her­aus­ge­berin des Ka­t­a­logs: Car­la Cugi­ni, Ge­sellschaft für Mod­erne Kunst am Mu­se­um Lud­wig, Köln