Saul Steinberg.
The Americans

23. März bis 23. Ju­ni 2013

Das Mu­se­um Lud­wig zeigt er­st­mals seit ihr­er Ent­ste­hung zur Wel­tausstel­lung in Brüs­sel im Jahre 1958 die voll­ständige Wan­dar­beit The Amer­i­cans von Saul Stein­berg - eine ins­ge­samt über 70 Me­ter lange Col­lage.
Ergänzt wird die Präsen­­ta­­tion durch the­­ma­tisch ver­wandte Zeich­­nun­­gen und Col­la­­gen aus den fün­fziger Jahren sowie zah­l­reiche Zeitschrifte­nil­lus­­tra­­tio­­nen des Kün­stlers, der die Grenzen zwischen frei­er und ange­wandter Kunst im­mer wied­er in Frage stellte.

Der in Rumänien ge­borene Kün­stler Stein­berg (1914-1999) emi­gri­erte nach einem Ar­chitek­turs­tudi­um in Mai­land in den frühen vierziger Jahren nach New York, wo erzunächst mit sei­nen Cov­erges­tal­tun­gen für die Zeitschrift New York­er und an­dere Mag­azine schon früh bekan­nt wurde (spätestens durch das berühmte Cov­er View of the World from 9th Av­enue von 1976).

Für die in Brüs­sel stattfin­d­ende Ex­po 58 - die er­ste große Wel­tausstel­lung nach dem Zweit­en Weltkrieg, geprägt von der Ri­val­ität der West- und Ost­mächte - ges­tal­tete er eine groß­for­matige Col­lagear­beit aus freis­te­hen­den Wandtableaus für den amerikanischen Pav­il­lon. Die acht Tafeln, welche ad­diert eine Ge­samtlänge von über sie­bzig Me­tern aufweisen, zei­gen ein hu­mor­vol­lkri­tisch­es Pano­ra­ma des amerikanischen All­t­ags zwischen großstädtisch­er Hek­tik und schein­bar ländlich­er Idylle. Fo­to­gra­fisch re­pro­duzierte Zeich­nun­gen bil­den die Hin­ter­grund­folie für Auftritte zahl­reich­er col­lagiert­er Fig­uren, die mal vere­inzelt, mal in dichter Rei­hung die Bild­vorder­gründe do­minieren. Sie zeu­gen von Stein­bergs vielfältiger Ve­rar­bei­tung kün­st­lerisch­er Ein­flüsse eben­so wie von seinem krea­tiv­en Ein­satz ein­er Vielzahl un­ter­schiedlich­er Me­di­en, beispiel­sweise Zeich­nung, Fo­to­gra­fie, Tape­ten­muster, aus­geris­senes Pack­pa­pi­er und Comicfetzen. Stein­bergs kün­st­lerisch­er Blick auf Ameri­ka und dessen charak­teris­tische Ei­gen­heit­en ist von liebe- und hu­mor­voller Art, ver­sch­weigt je­doch nicht so manche Schat­ten­seite des Amer­i­can Way of Life. Er schaut mit den wachen Au­gen eines Im­mi­gran­ten auf die Vereinigten Staat­en und reg­istri­ert in un­ver­wech­sel­barem Stil Phänomene wie Au­to­mo­bil­isierung und städte­bauliche Verän­derung, aber auch Anonymität, Masken­haftigkeit und Ent­frem­dung. Fasz­i­na­tion und Skep­sis ge­hen dabei stets Hand in Hand.

Nach Ende der Wel­tausstel­lung wur­den die acht großen Tafeln ver­tikal in 84 Teile zer­sch­nit­ten, um Tran­s­port und Lagerung zu er­leichtern. Trotz­dem war es zunächst sch­wierig, ein Mu­se­um zu fin­d­en, das bere­it war, die Tafeln zu überneh­men. Sch­ließlich ge­langte das um­fan­greiche Werk in die Samm­lung der Musées Roy­aux des Beaux-Arts in Brüs­sel. Sel­ten wur­den einzelne Tafeln aus­gestellt, zu ein­er Ge­samt­präsen­ta­tion kam es auf­grund des Um­fangs der Ar­beit­en seit­dem nicht mehr. Flankiert wird die Ausstel­lung The Amer­i­cans von zahl­reichen Ar­beit­en des Kün­stlers aus sein­er mittleren Schaf­fen­sphase: Zeich­nun­gen und Col­la­gen, die mo­tivische Par­al­lelen zum Brüs­sel­er Pro­jekt aufweisen, aber auch kom­binierte Fo­to- und Zeich­nungsar­beit­en, wie die berühmten Pa­piertüten-Masken - ein fan­tasievolles Pro­jekt, das er ein Jahr nach den Tafeln für die Ex­po 58 be­gann, und in dem er die Gesichter der Fig­uren aus The Amer­i­cans wied­er auf­griff. Während Stein­bergs Ar­beit­en sich in den Samm­lun­gen zahl­reich­er Kun­st­museen in den USA befin­d­en, wurde er in Eu­ro­pa primär von Häusern ge­sam­melt und aus­gestellt, die sich auf ange­wandte Kunst, Com­ic, Il­lus­tra­tion und Karika­tur spezial­isiert haben.

Das Mu­se­um Lud­wig bi­etet nun mit sein­er reich­halti­gen Samm­lung amerikanisch­er Kunst den idealen Ort und Rah­men, um Stein­bergs um­fassen­des Werk in räum­lich­er Nähe zu dem zahl­reich­er Kün­stler aus Pop Art und ab­s­trak­ten Ten­denzen der Nachkriegszeit zu kon­tex­tu­al­isieren und so neu er­fahr­bar zu machen.

Die Ausstel­lung, zu der ein zweis­prachiger Ka­t­a­log mit zahl­reichen Ab­bil­dun­gen er­scheint, ent­ste­ht in en­ger Zusam­me­nar­beit mit der Saul Stein­berg Foun­da­tion, New York.

Ku­ra­tor: An­dreas Prinz­ing