Andreas Fischer
Maschinen. Your Time Is My Rolex

1. Dezem­ber 2012 bis 17. März 2013

„Der Rabe raucht. Der Rabe raucht die ganze Nacht. Er raucht und raucht und raucht..." posaunt die kinetische Skulp­tur Raben­rohr von An­dreas Fisch­er, beste­hend aus einem Stab mit einem aufge­set­zten Sprachrohr, während sie unge­duldig auf den Bo­den klopft und auf der Stelle tänzelt. Seit 2007 befin­d­et sich der Rabe in der Samm­lung des Mu­se­um Lud­wig und zie­ht die Aufmerk­samkeit der Be­such­er seit je­her durch seine be­harende Mit­teilung auf sich.

In der Ausstel­lung Your Time Is My Rolex zeigt das Mu­se­um Lud­wig nun ei­nen Über­blick aus dem Maschi­nen­w­erk des 1972 ge­bore­nen Kün­stlers. Aus vorge­fun­den Ma­te­rialien und Ob­jek­ten, wie z. B. Werkzeu­gen oder Ses­seln baut Fisch­er mithilfe von Mo­toren und Mikro­prozes­soren be­wegte und sprechende Skulp­turen, die ihre Bauteile zweck­ent­frem­den und in ihrem neuen Ver­bund ei­gene Hand­lungs­mo­tive und Funk­tio­nen er­lan­gen. Als hu­mor­volle Men­sch-Mas­chine-Par­o­di­en han­tieren, la­men­tieren und polemisieren diese Ap­para­turen und erzählen ihre Geschicht­en von in­neren Zwän­gen und ex­is­ten­tiellen Fra­gen, die ins Leere laufen oder in Dialo­gen end­los zerre­det und erörtert wer­den. In ein­er un­endlichen Dauer­sch­leife wieder­holen die Maschi­nen ihre Be­we­gungs­abläufe und Routi­nen, und kom­men doch nie zum Durch­bruch, zum fi­nalen Sch­lag, so wie das ge­sproch­ene Wort im Monolog oder Dia­log kont­inuier­lich wieder­holt wird, ohne zu einem Ergeb­nis zu führen. „Es wird bess­er, es wird nicht bess­er,..." tönt es in einem fort aus der Ar­beit Wirds Bald, während eine Schuss­waf­fe­nap­para­tur fort­laufend zu einem nicht näher er­fass­baren Tr­ef­fer anset­zt, ohne ihn je­doch zu vol­lzie­hen, da die La­dung fehlsch­lägt. Ein Un­be­ha­gen stellt sich ein an­gesichts des Al­lzu­men­sch­lichen im Korsett der mech­anischen Ap­para­tur, ger­ade aus dem ge­fühl­ten De­ter­min­is­mus, der Wieder­hol­ung und dem Wun­sch des Aus­brechens.

Vorder­gründig er­schei­nen Fisch­ers Ar­beit­en wie Re­flexio­nen über Au­to­ma­tisierung und Tech­nisierung. Tat­säch­lich han­delt es sich dabei aber um die Darstel­lung von soziopoli­tischen und idiosynkratischen Ver­hal­tens- und Ge­danken­mustern mit­tels der maschinellen Skulp­tur. Sie be­di­e­nen wed­er die Lust am Bes­tau­nen ein­er ins Ex­trem getriebe­nen, vom Men­schen ge­macht­en Ver­for­mung der Na­tur, noch sollen sie mit ihrem tech­nischen In­nen­leben kri­tische oder utopische Re­flexio­nen über das Ver­hält­nis von Men­sch und Mas­chine be­feuern. Das zen­trale The­ma sind vielmehr die ph­y­sischen und psychischen Zwänge, die kul­turellen und ge­sellschaftlichen Nor­men, die ein­er­seits als notwendig für das soziale und seelische Ge­füge an­erkan­nt und gleichzeitig als sozialer und in­di­vi­du­eller Kon­f­likt­punkt aus­ge­macht wer­den. Un­er­müdlich vol­lzie­hen die Maschi­nen ihre Mis­sion: Die Mas­chine muss eben funk­tionieren, muss weit­er­laufen - auch wenn es mal nicht so läuft wie ge­plant.

Zur Ausstel­lung er­scheint ein Ka­t­a­log: An­dreas Fisch­er: In der Wolle.

Ku­ra­torin: Jas­mi­na Merz